Lungenentzündung: Innovativer Therapieansatz erfolgreich getestet
Forschende haben einen Wirkstoff, der bereits zur Behandlung von Mukoviszidose (Cystische Fibrose) eingesetzt wird, in Laborversuchen erfolgreich gegen Lungenentzündungen getestet. Damit ließe sich auch das Risiko eines akuten Lungenversagens verringern. Die Studie erschien im Fachmagazin „Science Translational Medicine“.
Verschiedene Erreger können eine Lungenentzündung (Pneumonie) verursachen. Eine Komplikation ist das Lungenödem – die Atemwege füllen sich mit Flüssigkeit, umgangssprachlich als „Wasser in der Lunge“ bezeichnet. In der Folge kommt es zu einem akuten Lungenversagen: Der Gasaustausch findet nicht mehr statt und der Körper erhält nicht ausreichend mit Sauerstoff. Lungenentzündungen sind die häufigste Ursache eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome, kurz: ARDS).
Bisherige Behandlungsmöglichkeiten versagen oft
Noch immer sterben mehr als 40 Prozent der Menschen mit einem akuten Lungenversagen. Grund dafür ist, dass die zur Verfügung stehenden antibiotischen, antiviralen oder das Immunsystem beeinflussenden (immunmodulatorischen) Behandlungsoptionen oft nicht ausreichend wirken. Ein Forschungsteam hat deshalb einen erregerunabhängigen Therapieansatz erprobt. Die Idee: die Barrierefunktion der Lunge zu stärken. Dadurch soll verhindert werden, dass Lungengefäße durchlässig werden und flüssige Anteile des Blutes in die Atemwege gelangen.
Um diesem Ziel näher zu kommen, sind die Forschenden zunächst den verantwortlichen molekularen Mechanismen auf den Grund gegangen. Dazu untersuchten sie Zellen, Lungengewebe und isolierte Lungen. Das Forschungsteam konzentrierte sich dabei auf den Chloridkanal CFTR, der in den Schleimhautzellen der Atemwege vorkommt. Er hat die wichtige Aufgabe, den Schleim in den Atemwegen flüssig zu halten. Funktioniert der CFTR-Kanal nicht richtig, verdickt sich der Schleim und verstopft unter anderem die Atemwege. Dies ist bei der genetisch bedingten Erkrankung Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) der Fall.
Mukoviszidose-Medikament könnte auch bei Lungenentzündung wirken
Das Wissenschaftsteam beobachtete, dass der CFTR-Kanal auch bei der Entstehung von Wasseransammlungen in der Lunge eine zentrale Rolle spielt. Dies führte zu der Idee, ein Medikament zu erproben, welches den CFTR-Kanal beeinflusst. Solche Arzneimittel stehen bereits zur Behandlung von Mukoviszidose zur Verfügung. Der Wirkstoff Ivacaftor erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Chloridkanal öffnet, und wirkt dadurch günstig auf den Sekretfluss in den Atemwegen.
In Zellversuchen verbesserte Ivacaftor die Stabilität der Chloridkanäle und machte sie widerstandsfähiger gegen die Entzündungsprozesse in der Lunge. Im Tiermodell erhöhte sich die Überlebenswahrscheinlichkeit bei einer schweren Lungenentzündung.
Sollten sich die Ergebnisse in weiteren Untersuchungen bestätigen, könnten sie den Ausgangspunkt für neue Therapieansätze darstellen und schwere Krankheitsverläufe einer Pneumonie verhindern – selbst wenn die ursächlichen Erreger nicht bekannt sind. Möglicherweise können Menschen mit einem erhöhten Risiko für ein akutes Lungenversagen künftig auch vorbeugend behandelt werden.
Quellen:
- Charité Universitätsmedizin Berlin: Mukoviszidose-Medikament könnte bei Lungenentzündungen helfen. Pressemitteilung vom 16.12.2022
- Erfinanda, L. et al.: Loss of endothelial CFTR drives barrier failure and edema formation in lung infection and can be targeted by CFTR potentiation. In: Science Translational Medicine 2022, 14 (674). DOI: 10.1126/scitranslmed.abg8577