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Lungs preparation
Michael Haggenmueller

Was macht die Asthma-Forschung?

Video: Welche Forschungsansätze zu Asthma gibt es?

Interview mit Prof. Klaus Rabe

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Wichtige Fragestellungen der Asthma-Forschung

Wissenschaftler:innen erforschen weltweit in multidisziplinären Teams aus Medizin, Biologie und Chemie die Ursachen, Biomarker und Behandlungsmöglichkeiten von Asthma bronchiale.

Dabei stehen besonders folgende Fragen im Fokus:

  • Wie entstehen die Veränderungen in den Atemwegen?
  • Welche molekularen Mechanismen führen zu den verschiedenen Asthma-Formen?
  • Welche Rolle spielt die Vererbung bei der Entstehung von Asthma, und wann und auf wie wirken sich bestimmte Umwelteinflüsse aus?
  • Wie können Menschen mit erhöhtem Asthma-Risiko frühzeitig erkannt werden und was können sie vorbeugend tun?
  • Welche Rolle spielen akute Verschlechterungen, sogenannte Exazerbationen für den Krankheitsverlauf?
  • Warum wird Asthma chronisch und sind diese Prozesse umkehrbar?
  • Wie können neue Asthma-Therapien entwickelt werden und wer profitiert von welcher Behandlung?

Kindliches Asthmarisiko schon vor der Geburt beeinflussen?

Verschiedene Studien beschreiben eine Reihe von Faktoren, die das kindliche Asthma-Risiko bereits vor der Geburt beeinflussen. Als schützend diskutiert werden beispielsweise

  • Stallkontakt und
  • mediterrane Kost bei werdenden Müttern.

Rauchen in der Schwangerschaft erhöht hingegen die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind an Asthma erkrankt.

Die Mechanismen der frühen Prägung werden unter anderem am Versuchsmodell untersucht. Im Fokus stehen sowohl der Einfluss von Umweltfaktoren auf die sogenannte Epigenetik als auch der gezielte Einsatz von günstigen Umweltfaktoren, um frühe Fehlprogrammierungen zu verhindern oder zu korrigieren. So soll allergisches Asthma hinauszögert oder gar dauerhaft unterbunden werden (Primäre Prävention).

Studien deuten darauf hin, dass der mütterliche Immunstatus vor der Geburt über epigenetische Veränderungen

  • das Immunsystem,
  • die spätere bakterielle Besiedelung der Atemwege und
  • das Asthma-Risiko eines Kindes

prägt.

Analytische Suche nach Asthma-Genen

Relevante Genveränderungen zu identifizieren, erscheint angesichts der schieren Größe des menschlichen Genoms (ca. drei Milliarden Basenpaare) als sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Glücklicherweise gibt es heute Techniken, mit denen sich die DNA relativ schnell durchsuchen und analysieren lässt. Besonders aufschlussreich ist dabei der Vergleich mit dem Erbgut von gesunden Menschen.

Forschende konnten in groß angelegten Studien bereits bestimmte Genvarianten ausmachen, die das Asthma-Risiko erhöhen.

Genaue Funktionen von Risikogenen entschlüsseln

Im nächsten Schritt geht es darum, die genaue funktionelle Bedeutung der Risikogene zu identifizieren. Besonderes Interesse gilt dabei den Bereichen des Erbguts, die einen Einfluss auf das Immunsystem haben. Schließlich ist die körpereigene Abwehr mit den verschiedenen Typen von Immunzellen und Botenstoffen bei der Entstehung von Asthma von zentraler Bedeutung.

Forschende haben Hinweise gefunden, dass bei Asthma nicht nur ein Problem von zu vielen TH2-Zellen vorliegt, sondern eine Dysfunktion der sogenannten regulatorischen T-Zellen. In diesem Bereich wird weiterhin geforscht.

Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass die Ausprägung bestimmter Genvarianten auch beeinflussen kann, wie gut Patient:innen auf bestimmte Asthma-Therapien (wie SABA oder Cortison-Spray) ansprechen. Diese Erkenntnis könnte eine Basis einer personalisierten Asthma-Medizin darstellen.

Hygiene-Hypothese: Mikroben als Schutz vor Asthma?

Die „Hygienehypothese“ oder auch „Bauernhofhypothese“, mit der sich Forschende seit einigen Jahren intensiv beschäftigen, besagt vereinfacht ausgedrückt, dass Kontakt mit speziellen Mikroorganismen, wie Bakterien oder Pilzen, das Risiko für Asthma und Allergien verringern kann.

Die Idee des „Bauernhofeffekts“ entwickelte sich, da epidemiologische Untersuchungen zeigen, dass Kinder, die auf einem bewirtschafteten Bauernhof aufwachsen, seltener von Allergien betroffen sind als Kinder die zwar auf dem Land, jedoch nicht auf einem Bauernhof groß werden.

Mittlerweile vermutet man, dass der Effekt durch eine größere Vielfalt an Mikroorganismen entsteht. Eine mögliche Erklärung ist, dass (größtenteils harmlose) Umweltmikroben das reifende Immunsystem prägen, und so ein Schutz vor allergischen Erkrankungen aufgebaut wird.

Wissenschaftler:innen des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) fanden heraus, dass der Kontakt mit dem Bakterium Acinetobacter lwoffii das Immunsystem anregen und vor Erkrankungen wie Asthma schützen kann – zumindest im Mausmodell. Gleichzeitig prägen die Bakterien und anderen Mikroben in der Umwelt auch das Mikrobiom des menschlichen Körpers – also die Zusammensetzung der kleinsten Organismen, die etwa im Darm, auf der Haut und auch in den Atemwegen leben.

 

Mikrobiom in Darm und Atemwegen beeinflussen Asthma

Inzwischen ist bekannt, dass die mikrobielle Besiedelung sowohl der Atemwege als auch des Darms eng damit zusammenhängt, ob und in welcher Ausprägung sich Asthma entwickelt. Die ansässigen Mikroben interagieren direkt und über verschiedene Botenstoffe mit dem menschlichen Immunsystem. Sie nehmen auch Einfluss auf die Toleranz gegenüber bestimmten Reizen und Allergenen.

Noch ist das Mikrobiom mit all seinen Funktionen und Wechselwirkungen in Bezug auf Asthma bronchiale und andere Erkrankungen nur unvollständig erforscht. Langfristig hoffen die Forschenden anhand dieser Ergebnisse, Therapieansätze zu entwickeln, mit denen man sich vor Asthma schützen oder eine bestehende Erkrankung lindern kann.

>> Mehr zum Mikrobiom bei Asthma

Mehr zu Allergien finden Sie beim Allergieinformationsdienst von Helmholtz Munich.

Welchen Einfluss haben Luftschadstoffe?

Die Wissenschaft ist sich uneinig darüber, welche Bedeutung die Luftverschmutzung durch Verkehr und Industrie für die Entwicklung von Asthma hat.

Allerdings zeichnet sich ab, dass gerade die verkehrsbedingte Schadstoffbelastung

Beschwerdefrei heißt nicht entzündungsfrei – Airway remodeling

Der typische Krankheitsverlauf von Asthma ist durch wiederkehrende Asthmaanfälle gekennzeichnet, dazwischen können die Betroffenen vollkommen beschwerdefrei sein.

Umbauprozesse in der Lunge

Die Atemwege leiden unbemerkt weiter und drohen dauerhaft Schaden zu nehmen. Durch die chronische Entzündung kann es zu einem strukturellen Umbau des Lungengewebes kommen, der als "Airway Remodeling" bezeichnet wird:

Das Airway Remodeling kann zu einer nicht umkehrbaren Verengung der Atemwege und bleibenden Beeinträchtigungen der Lungenfunktion führen. Die dahinterstehenden Prozesse liegen noch weitgehend im Dunkeln. Forschende setzten daher auch einen Schwerpunkt auf die Mechanismen des Airway Remodelings in der Hoffnung, daraus neue Therapiemöglichkeiten ableiten zu können.

Antikörper gegen die Entzündung

Seit einiger Zeit gibt es in der Asthma-Therapie die Möglichkeit, direkt in die sogenannte TH2-Entzündungskaskade einzugreifen: Die überschießende Entzündungsreaktion lässt sich unterdrücken, indem einzelne Entzündungsbotenstoffe (Zytokine) und deren Rezeptoren blockiert werden.

Aktuell sind in Europa sechs monoklonale Antikörper (Biologika) für die Asthma-Behandlung zugelassenen. Weitere befinden sich in vorklinischen und klinischen Studien.

Forschende suchen außerdem nach Möglichkeiten vorherzusagen, welche der verfügbaren Wirkstoffe bei bestimmten biochemischen Markern besonders effektiv sind und ob gegebenenfalls Kombinationen verschiedener Biologika sinnvoll sind.

Video: Entzündungen bei Lungenerkrankungen: Das sollten Sie wissen

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Quellen

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Letzte Aktualisierung: 07.05.2024