Vogelgrippe
Die Vogelgrippe (Aviäre Influenza) entsteht durch eine Infektion mit einem Influenza-A-Virus. Die Erkrankung betrifft vor allem Vögel, aber in seltenen Fällen auch Menschen. Am häufigsten sind Infektionen mit dem Virus-Subtyp A/H5N1.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. med. Hortense Slevogt, Medizinische Hochschule Hannover
Die Vogelgrippe (Aviäre Influenza) entsteht durch eine Infektion mit einem Influenza-A-Virus. Die Erkrankung betrifft vor allem Vögel, aber in seltenen Fällen auch Menschen. Am häufigsten sind Infektionen mit dem Virus-Subtyp A/H5N1.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. med. Hortense Slevogt, Medizinische Hochschule Hannover
Grundlagen
Die Erreger der Vogelgrippe – hauptsächlich H5- und H7-Subtypen von Influenza-A-Viren – kommen typischerweise in Vögeln vor. Der häufigste Typ H5N1 ist besonders bei wildlebenden Wasservögeln verbreitet. Die Viren können jedoch auch auf Hausgeflügel (zum Beispiel Nutztiere oder Ziervögel, die in Außenvolieren gehalten werden) übergehen. Seit 2020 hat sich eine neue H5N1-Genotyp-Klasse 2.3.4.4b durch Neusortierungen (Reassortments) entwickelt und weltweit in Wildvogelpopulationen verbreitet.
Vögel können das Virus auf den Menschen übertragen. Dies geschieht jedoch relativ selten, da das Vogelgrippe-Virus bisher nicht gut an den Menschen angepasst ist. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch mit dem Virus-Typ H5N1 findet fast nie statt. Einzelfälle einer Übertragung des Typs H7N9, eines weiteren Vogelgrippe-Erregers, sind ebenfalls dokumentiert. Allerdings gibt es mittlerweile Hinweise auf Säugetier-zu-Säugetier-Übertragungen, was das potenzielle Risiko für Menschen erhöht.
In Deutschland sind bislang keine Fälle von Vogelgrippe beim Menschen bekannt geworden. Bei dieser Infektion ist sowohl der Verdacht als auch die Erkrankung an Vogelgrippe meldepflichtig.
Unterschiedliches krankmachendes Potenzial
Fachleute unterscheiden zwischen Influenza-Viren mit geringem krankmachenden Potenzial (niedrig-pathogen) und hohem krankmachenden Potenzial (hoch-pathogen) bei Vögeln. Während niedrig-pathogene Erreger selten Beschwerden verursachen, führen hoch-pathogene Viren zu schweren Erkrankungen, bei denen ein großer Anteil des infizierten Geflügels stirbt.
Vogelgrippe: Symptome und Verlauf
Etwa ein bis fünf Tage nach der Ansteckung mit dem Vogelgrippe-Virus können die ersten Beschwerden auftreten. Die wichtigsten Vogelgrippe-Symptome sind
- hohes Fieber,
- Husten,
- Atemnot.
Darüber hinaus können unspezifische Beschwerden auftreten, zum Beispiel
- Bindehautentzündung,
- Übelkeit,
- Erbrechen und
- Durchfall.
Diese Symptome treten bei einer Vogelgrippe zum Teil sogar vor den Atemwegssymptomen auf.
Typische Grippe-Symptome wie Hals-, Kopf- oder Muskelschmerzen sind ebenfalls möglich. Sie kommen aber nicht regelmäßig vor.
Die Vogelgrippe ist im Vergleich zu anderen Virusinfektionen mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Je nach Virusstamm versterben bis zu 60 Prozent der Erkrankten an Vogelgrippe. Eine Ursache hierfür ist, dass die Viren häufig zu einer Lungenentzündung führen.
Verbreitung – wie häufig ist Vogelgrippe?
Im Jahr 1997 wurde erstmals nachgewiesen, dass A/H5N1 von Vögeln auf den Menschen übertragen wurden. Seit 2003 hat sich die Vogelgrippe unter Geflügelbeständen in Asien, aber zunehmend auch unter Vögeln in Europa ausgebreitet.
Vor allem im Winter gibt es auch in Deutschland immer wieder infizierte Vögel, vermutlich durch Zugvögel, die heimische Wasservögel angesteckt haben.
Vogelgrippe-Fälle in Deutschland und weltweit
In Deutschland wurden dem Robert Koch-Institut bisher keine Vogelgrippe-Fälle bei Menschen gemeldet. Bisher sind Erkrankungen beim Menschen hauptsächlich in Asien, Afrika und dem Nahen Osten aufgetreten.
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden zwischen dem ersten Januar 2003 und dem 7. Juni 2024 weltweit 893 Vogelgrippe-Erkrankungen durch das Virus H5N1 bei Menschen gemeldet. Die Fälle traten in 24 verschiedenen Ländern auf. 463 Menschen verstarben. Das ergibt eine erhebliche Sterblichkeitsrate von 52 Prozent.
Außerdem wurden im gleichen Zeitraum Infektionen mit weiteren Vogelgrippe-Viren gemeldet. Am häufigsten sind demnach Infektionen mit dem Virus-Typ H7N9 (1.568 Fälle), der mit einer Sterblichkeitsrate von 39 Prozent verbunden ist.
Das Pandemie-Risiko durch H5N1 wird international als wachsend bewertet, da das Virus zunehmend Säugetiere infiziert. Die WHO schätzt das aktuelle Risiko jedoch als gering ein, da Übertragungen auf Menschen selten und meist durch direkten Tierkontakt erfolgen.
Vogelgrippe bei Milchkühen
In der Vergangenheit gab es schon vereinzelt bestätigte Säugetier-zu-Säugetier-Übertragungen in verschiedenen Umgebungen, darunter 2022 in europäischen Nerzfarmen. Ende März 2024 wurde in den USA ein Ausbruch der Vogelgrippe bei Milchkühen gemeldet. Anfang April bestätigte ein Labornachweis, dass sich ein Arbeiter, der Kontakt mit infizierten Milchkühen hatte, mit dem Vogelgrippe-Virus angesteckt hat. Dieser Ausbruch gilt als erste größere Kette von Übertragungen zwischen Säugetieren und zeigt, dass das Virus auch in neuen Wirten zirkulieren kann.
Risikofaktoren für Vogelgrippe
Intensiver Kontakt mit Geflügel ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Vogelgrippe-Infektion. Eine Ansteckung ist möglich bei engem Kontakt zu infiziertem, erkranktem oder totem Geflügel oder zu Geflügelkot betroffener Tiere. Gefährdet sind daher vor allem Beschäftigte in der Geflügelindustrie und Tierärzt:innen. Für sie gibt es arbeitsschutzrechtliche Schutzmaßnahmen, die gesetzlich vorgeschrieben sind.
Allgemeine Tipps zur Vorbeugung einer Ansteckung mit Vogelgrippe
- Der Kontakt mit wildlebenden Vögeln sollte vermieden werden – besonders dann, wenn das Vogelgrippe-Virus bereits in der Gegend nachgewiesen wurde.
- Generell ist es ratsam, direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Ausscheidungen zu meiden.
- Bei Reisen in Länder, in denen die Vogelgrippe bei Nutzgeflügel stark verbreitet ist, sollte der Kontakt mit Geflügel sowie deren Ausscheidungen vermieden werden. Das gilt zum Beispiel auch für den Besuch von Geflügelmärkten oder -farmen.
- In Ländern, in denen auch Rinder an Vogelgrippe erkrankt sind, gelten die gleichen Verhaltensweisen auch für den Kontakt mit Rindern.
- Kommt es trotz Vorsichtsmaßnahmen zu einer direkten Berührung, sollen Hände und Kleidungsstücke gründlich gereinigt und bei Krankheitssymptomen ein Arzt/eine Ärztin aufgesucht werden.
Infektion durch Lebensmittel – Erhitzen tötet Vogelgrippe-Viren ab
Eine Ansteckung über infizierte Lebensmittel kann aktuell nicht ausgeschlossen werden. Hohe Temperaturen übersteht das Virus jedoch nicht. Daher gehen Fachleute davon aus, dass gut durcherhitztes Fleisch unproblematisch ist.
Eier von infizierten Tieren können sowohl auf der Schale als auch im Eiklar und im Eidotter Vogelgrippe-Viren enthalten. Fachleute raten daher davon ab, Produkte mit rohen Eiern zu verzehren. Bei gekochten Eiern sollten sowohl das Eiklar als auch das Eigelb fest sein.
Aktuell treten in den USA auch Fälle von Vogelgrippe bei Kühen auf. Die Viren konnten in der Rohmilch erkrankter Tiere nachgewiesen werden. Pasteurisierte Milch enthält jedoch keine aktiven H5N1-Viren mehr.
Tipps für die Küchenhygiene zur Vorbeugung der Vogelgrippe
Allgemeine Maßnahmen der Küchenhygiene bei der Zubereitung von Geflügelfleisch und rohen Eiern können verhindern, dass sich das Vogelgrippe-Virus über Lebensmittel ausbreiten kann:
- Hände vor und nach der Zubereitung von Geflügelprodukten mit warmem Wasser und Seife gründlich waschen.
- Rohe Geflügelprodukte getrennt von anderen Lebensmitteln aufbewahren und zubereiten – vor allem, wenn die Lebensmittel nicht noch einmal erhitzt werden.
- Verpackungsmaterialien, Fleischsaft und Auftauwasser sofort entsorgen.
- Alle Küchengeräte und Oberflächen, die mit Geflügelprodukten in Berührung gekommen sind, gründlich mit warmem Wasser und Spülmittel reinigen.
- Geflügelfleisch gründlich durchgaren.
- Auf Lebensmittel mit rohen Eiern verzichten.
- Rohmilch vor dem Verzehr erhitzen beziehungsweise pasteurisierte Milch wählen.
Diagnose: Vogelgrippe feststellen
Der erste Verdacht auf Vogelgrippe ergibt sich aus der Krankengeschichte – insbesondere aus den Symptomen in Verbindung mit einem engen Kontakt zu Geflügel (zum Beispiel aus beruflichen Gründen).
Die Vogelgrippe-Symptome ähneln den Symptomen der echten Grippe. Von der Ansteckung bis zu den ersten grippeähnlichen Symptomen dauert es ein bis fünf Tage.
Zentrale Stelle übernimmt Vogelgrippe-Diagnose
Wenn nach dem Kontakt mit infizierten Tieren Symptome auftreten, muss eine Ärztin beziehungsweise ein Arzt aufgesucht werden. Diese:r sollte umgehend das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) im Robert Koch-Institut als zentrale Stelle kontaktieren. Das NRZ kann dann eine weiterführende Diagnostik durchführen.
Das Nationale Referenzzentrum für Influenzaviren kann innerhalb weniger Stunden mit einem genetischen Testverfahren (Real-Time-PCR) Influenza-Viren in einem Rachen- oder Nasenabstrich nachweisen. Wenn es sich nicht um einen saisonalen Grippe-Erreger handelt, wird anschließend überprüft, ob das Vogelgrippe- oder Schweinegrippe-Virus für die Erkrankung verantwortlich ist.
Eine Blutuntersuchung zeigt bei vielen Vogelgrippe-Betroffenen reduzierte weiße und rote Blutkörperchen und Blutplättchen. Im weiteren Krankheitsverlauf entwickelt sich meist eine Lungenentzündung, die zu einem Lungenversagen führen kann.
Sind die unteren Atemwege betroffen, versterben bis zu 60 Prozent der Menschen.
Therapie: Vogelgrippe behandeln
Die Therapie der Vogelgrippe ähnelt der Grippebehandlung. Da die Vogelgrippe meist schwerer verläuft, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation jedoch den Einsatz antiviraler Arzneimittel. Diese sollten möglichst frühzeitig nach Erkrankungsbeginn eingenommen werden – im Optimalfall innerhalb der ersten 48 Stunden.
Vorbeugen mit der Vogelgrippe-Impfung
Seit Ende 2010 gibt es für eine Schutzimpfung für Erwachsene. Der Impfstoff heißt Aflunov. Er ist für die aktive Immunisierung gegen den H5N1-Subtyp des Influenza-A-Virus bei Erwachsenen bestimmt.
Aflunov enthält Teile von Influenzaviren, die inaktiviert wurden. Die Schutzimpfung muss in zwei Dosen im Abstand von drei Wochen erfolgen.
Weitere Impfstoffe in Vorbereitung
Darüber hinaus sind weitere Impfstoffe in Vorbereitung, die im Falle einer pandemischen Ausbreitung zugelassen werden könnten. Mehrere sogenannte Mustervakzine (Musterimpfstoffe) sind bereits bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gelistet.
Forschung zur Vogelgrippe
Die Forschung zur Vogelgrippe konzentriert sich darauf zu überwachen, wie gut sich das Virus bisher an andere Wirtsorganismen als Geflügel angepasst hat. Außerdem wird an Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen gearbeitet.
Zukünftige Pandemien vermeiden
Das von der Europäischen Union geförderte Projekt „Wildflu“ untersucht, wie sich Vogelgrippe-Viren mit hohem krankmachenden Potenzial (hochpathogene aviäre Influenzaviren) an verschiedene Wirte anpassen, und wie die Übertragung verläuft. Ein Ziel ist, Zoonosen-Risiken besser zu verstehen. Zoonosen sind Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden. Außerdem sollen Nachweisinstrumente für H5N1 und verwandte Viren entwickelt werden.
Im Rahmen eines weiteren Projekts werden mRNA-Impfstoffe gegen Vogelgrippe erforscht, um eine weltweite Pandemie-Vorsorge auch in Ländern mit geringem Einkommen sicherzustellen.
Außerdem untersuchen Wissenschatler:innen, ob neue Wirte wie Nerze, Milchkühe oder Meeressäuger als mögliche Zwischenwirte für die Übertragung auf Menschen dienen können.
Weitere Informationen zur Vogelgrippe
Hier finden Sie weitere Informationen zur Vogelgrippe im Internet:
- Robert Koch-Institut: Antworten auf häufig gestellte Fragen zur zoonotischen Influenza bei Menschen (Letzter Abruf: 8.11.2024)
- World Health Organization (WHO): Influenza (Avian and other zoonotic) (Englisch, Letzter Abruf: 8.11.2024)
Quellen
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Ausgewählte Fragen und Antworten zur Hygiene bei Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen in Zeiten der Vogelgrippe – Wie kann ich mich und meine Familie schützen? Aktualisierte FAQ vom 9.4.2024
- Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit: Aviäre Influenza (AI)/Geflügelpest
- Gießelmann, K.: Prototypen-Impfstoffe: Bereit für eine H5N1-Pandemie. In: Deutsches Ärzteblatt 2023, 120 (15): A-657 / B-563
- Helmholtz Munich: EU finanziert ISIDORe-Projekt zur Bekämpfung der Geflügelpest. Meldung vom 17.4.2024
- Peacock, T. et al.: The global H5N1 influenza panzootic in mammals. In: Nature 2024, doi: 10.1038/s41586-024-08054-z
- Robert Koch-Institut: Antworten auf häufig gestellte Fragen zur zoonotischen Influenza bei Menschen
- Robert Koch-Institut: Influenza (Teil 2): Erkrankungen durch zoonotische Influenzaviren – RKI-Ratgeber
- Robert Koch-Institut: RKI zu humanen Erkrankungen mit aviärer Influenza (Vogelgrippe)
- U.S. Centers For Disease Control And Prevention (CDC): Current H5N1 Bird Flu Situatoin in Dairy Cows (Letzter Abruf: 2.8.2024)
- World Health Organization (WHO): Avian Influenza Weekly Update number 957, 26 July 2024
- World Health Organization (WHO): Cumulative number of confirmed human cases for avian influenza A(H5/N1) reported to WHO, 2003-2023, 3 May 2024
- World Health Organization (WHO): New initiative launched to advance mRNA vaccine development against human avian influenza (H5N1)
Letzte Aktualisierung: 8.11.2024