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Lungs preparation
Michael Haggenmueller

Lungenhochdruck: Medikamente, Therapie, Prävention

Dank großer Fortschritte in der Therapie ist die Prognose bei Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie, PH) in den vergangenen Jahren erheblich besser worden. Innerhalb kurzer Zeit hat sich auch die Sterblichkeit durch pulmonal-arteriellen Lungenhochdruck (PAH) drastisch reduziert. Zwar lässt sich die Erkrankung nicht ursächlich heilen, aber durch Medikamente und allgemeine Maßnahmen häufig gut kontrollieren: Inzwischen sind allein für die Therapie der PAH 14 verschiedene Substanzen zugelassen. Teilweise eignen diese sich auch für andere Formen des Lungenhochdrucks.
Da pulmonale Hypertonie unterschiedliche Ursachen haben kann, müssen therapeutische Ansätze sehr individuell auf die einzelnen Erkrankten zugeschnitten werden. Dabei spielen auch die Krankheitsschwere, das individuelle Ansprechen und eventuelle Begleiterkrankungen eine Rolle. Sehr häufig kommen Kombinationen verschiedener Wirkstoffe zum Einsatz, auch bereits als Ersttherapie. In jedem Falle sollte eine Therapie von einem spezialisierten Zentrum eingeleitet bzw. begleitet werden.

Wissenschaftliche Beratung: 
Prof. Dr. Ralph Schermuly, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
Prof. Dr. H. Ardeschir Ghofrani, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
Dr. Sylvia Weissmann, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
PD Dr. med. Hanno Leuchte, München

Dank großer Fortschritte in der Therapie ist die Prognose bei Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie, PH) in den vergangenen Jahren erheblich besser worden. Innerhalb kurzer Zeit hat sich auch die Sterblichkeit durch pulmonal-arteriellen Lungenhochdruck (PAH) drastisch reduziert. Zwar lässt sich die Erkrankung nicht ursächlich heilen, aber durch Medikamente und allgemeine Maßnahmen häufig gut kontrollieren: Inzwischen sind allein für die Therapie der PAH 14 verschiedene Substanzen zugelassen. Teilweise eignen diese sich auch für andere Formen des Lungenhochdrucks.
Da pulmonale Hypertonie unterschiedliche Ursachen haben kann, müssen therapeutische Ansätze sehr individuell auf die einzelnen Erkrankten zugeschnitten werden. Dabei spielen auch die Krankheitsschwere, das individuelle Ansprechen und eventuelle Begleiterkrankungen eine Rolle. Sehr häufig kommen Kombinationen verschiedener Wirkstoffe zum Einsatz, auch bereits als Ersttherapie. In jedem Falle sollte eine Therapie von einem spezialisierten Zentrum eingeleitet bzw. begleitet werden.

Wissenschaftliche Beratung: 
Prof. Dr. Ralph Schermuly, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
Prof. Dr. H. Ardeschir Ghofrani, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
Dr. Sylvia Weissmann, Universitätsklinikum Gießen, Deutsches Zentrum für Lungenforschung
PD Dr. med. Hanno Leuchte, München

Video: Wie wird Lungenhochdruck behandelt?

Interview mit Prof. H. Ardeschir Ghofrani

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Medikamente gegen Lungenhochdruck

Zur Behandlung von Lungenhochdruck werden Medikamente eingesetzt,

  • die die Effekte von zu wenig gebildeten natürlichen Substanzen nachahmen oder
  • solche, die gefäßerweiternd wirken, indem sie gefäßverengende Botenstoffe blockieren.

Je nach Schweregrad sind in den europäischen Leitlinien klare Therapieempfehlungen festgeschrieben, auf die im Folgenden nur vereinfacht eingegangen wird. In jedem Fall wird das behandelnde PH-Zentrum und das fachärztliche Team diese aktuellen Leitlinienempfehlungen kennen und berücksichtigen. Das sind die gebräuchlichen Wirkstoffgruppen:

Kalzium-Antagonisten

Kalzium-Antagonisten (auch Kalziumkanalblocker) sind eine Gruppe von Wirkstoffen, die dazu beitragen können, die verengten Lungengefäße zu öffnen. Bei einer idiopathischen, vererbten oder medikamentös bedingten PAH testet die Fachperson bereits im Rahmen der Rechtsherzkatheter-Untersuchung, ob die Lungenarterie auf inhalierte Kalzium-Antagonisten reagiert und sich weitet. Ist das der Fall, empfehlen die aktuellen Leitlinien eine Therapie mit hochdosierten Kalzium-Antagonisten in Form von Tabletten. Mögliche Wirkstoffe sind:

  • Amlodipin
  • Diltiazem
  • Felodipin
  • Nifedipin

Bei manchen Patient:innen mit PAH reicht eine Behandlung mit hochdosierten Kalzium-Antagonisten aus. Allerdings sind engmaschige Nachkontrollen im PH-Zentrum wichtig, um sicherzustellen, dass die Therapie langfristig anschlägt.

Endothelin-Rezeptor-Antagonisten

Eine weitere Gruppe von Medikamenten gegen Lungenhochdruck sind Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA). Sie hemmen den körpereigenen Botenstoff Endothelin, der stark gefäßverengend wirkt und Muskelzellen in der Lungenarterie zur Vermehrung anregt. ERA behindern diesen Effekt, indem sie die „Andockstellen“ (sogenannte A- und B-Rezeptoren) für Endothelin blockieren. Aktuell zugelassen und in Form von Tabletten verfügbar sind die Wirkstoffe:

  • Ambrisentan
  • Bosentan
  • Macitentan

Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkung auf die verschiedenen Rezeptor-Typen und in ihrer individuellen Verträglichkeit. Auch bei einer ERA-Therapie ist eine engmaschige Überwachung notwendig, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen und mögliche Nebenwirkungen wie Leberschäden auszuschließen. Für schwangere Frauen sind ERA nicht geeignet.

Prostanoide und Prostazyklin-Rezeptor Agonisten

Bewährt haben sich bei der PH-Therapie außerdem Prostazyklin-Analoga, auch unter dem Begriff Prostanoide zusammengefasst. Sie imitieren das körpereigene Gewebshormon Prostazyklin, an dem es PH-Betroffenen oft mangelt, und haben eine erweiternde Wirkung auf die Lungengefäße. Je nach Wirkstoff lassen sie sich inhalativ (über einen Vernebler), intravenös (über einen Katheter) oder subkutan (unter die Haut) anwenden, teilweise auch über eine dauerhaft getragene Pumpe.

Zu den für die PH-Therapie zugelassenen Prostanoiden gehören etwa:

  • Iloprost
  • Epoprostenol
  • Treprostinil
  • Beraprost
  • Selexipag

Prostanoide wirken zwar oft effektiv gegen Lungenhochdruck, sind in ihrer Anwendung mit Pumpen oder Verneblern aber nicht unkompliziert. Das derzeit einzige in Tablettenform zugelassene Arzneimittel ist Selexipag, ein selektiver Prostazyklin-Rezeptor-Agonist. Es gibt in dieser Hinsicht jedoch nach wie vor viel Dynamik in der Entwicklung und Zulassung von PAH-Medikamenten.

Selexipag ist der erste selektive Prostazyklin-Rezeptor-Agonist, der in Form von Tabletten bei der PAH angewendet wird. Die Bindung des Wirkstoffs an den Prostazyklin (IP)-Rezeptor auf der glatten Gefäßmuskulatur führt zur Gefäßerweiterung, wodurch der pulmonale arterielle Druck sinkt.

PDE-5-Inhibitoren

Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE-5-Inhibitoren) können den Abbau des zellulären Botenstoffs cGMP hemmen und dadurch auf indirektem Weg die Durchblutung verbessern. Dieser Effekt wird auch bei der erektilen Dysfunktion ausgenutzt. Zu ihnen zählen die Wirkstoffe Sildenafil oder Tadalafil. Beide sind auch für die PAH-Therapie zugelassen und als Tabletten verfügbar.

Riociguat

Der Botenstoff cGMP wird durch die lösliche Guanylatzyklase, die den Rezeptor für Stickstoffmonoxid (NO) darstellt, gebildet. Anders als Sildenafil oder Tadalafil hemmt der seit 2014 auf dem Markt verfügbare Wirkstoff Riociguat nicht den Abbau von cGMP, sondern fördert seine Bildung, indem er das Enzym Guanylatzyklase stimuliert. Dieser Wirkmechanismus funktioniert unabhängig von Stickstoffmonoxid (NO) und somit auch bei NO-Mangelerkrankungen, wie der PAH (Pulmonal-arterielle Hypertonie) oder der CTEPH (Chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie).

Wenn Lungenhochdruck infolge anderer Erkrankungen auftritt, muss zunächst die primäre Krankheit ursächlich behandelt werden. Am häufigsten entwickelt sich eine PH aufgrund einer (Links-)Herzschwäche. Hier kommen beispielsweise sogenannte ACE-Hemmer, Betablocker und/oder entwässernde Medikamente (Diuretika) zum Einsatz. Da es zu einer Therapie dieser Betroffenengruppe mit speziellen PAH-Medikamenten bislang keine eindeutigen Studienergebnisse gibt, kommen sie normalerweise nicht zum Einsatz. Das gilt auch für die meisten anderen Klassen der PH. Lediglich bei einem Lungenhochdruck mit gleichzeitiger interstitieller Lungenerkrankung empfehlen die Leitlinien, eine Therapie mit inhalativem Treprostinil zu erwägen, eventuell auch mit PDE-5-Inhibitoren – dies aber nur bei schwerem Lungenhochdruck.

Weitere Therapie- und Verhaltensempfehlungen

Neben den beschriebenen spezifischen Therapien bei pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) gibt es eine Reihe von allgemeinen Therapieformen sowie begleitende Verhaltensempfehlungen:

  • Impfungen gegen verschiedene Atemwegsinfektionen (SARS-CoV-2, Grippe und Streptococcus pneumoniae)
  • bei Bedarf entwässernde Medikamente (Diuretika), speziell bei Rechtsherzschwäche und Wassereinlagerungen
  • bei Bedarf eine Sauerstofftherapie bei PH-Betroffenen mit chronischem Sauerstoffmangel im Blut
  • bei Bedarf Ausgleich oder Vorbeugung einer Eisenmangelanämie durch Eisenpräparate
  • bei Bedarf psychosoziale Unterstützung, z. B. in Form von Psychotherapie, Selbsthilfegruppen oder Beratungsangeboten
  • ein ärztlich überwachtes körperliches Training (s. u.)

Eine Therapie mit oralen Blutgerinnungshemmern (Antikoagulantien) empfehlen die aktuellen Leitlinien nicht mehr pauschal; bei chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH) und bestimmten weiteren Risikogruppen für Thrombosen gehören Gerinnungshemmer jedoch weiterhin zu den wichtigsten Therapieelementen

Körperliche Belastung und Sport

Früher galt für alle Lungenhochdruck-Betroffenen, übermäßige körperliche Belastung zu vermeiden, da dies zu einem weiteren Anstieg des Lungendruckes und der Arbeitsbelastung des rechten Herzens führen kann. Ein ärztlich überwachtes und gut dosiertes körperliches Training kann allerdings die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der PH-Erkrankten verbessern.

Inzwischen untermauern mehrere Studien, dass auch für Patient:innen mit schwerem Lungenhochdruck Sport eine sinnvolle Therapiemaßnahme sein kann. Reha- und Sportprogramme unter ärztlicher Aufsicht verbessern demnach nicht nur physiologische Werte wie Herzfrequenz und maximale Sauerstoffaufnahme, sondern auch die Lebensqualität kann durch das Training zunehmen. Insgesamt wurden die Patient:innen im Rahmen von Studien körperlich deutlich belastbarer; darüber hinaus lernten sie die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Belastbarkeit besser kennen und liefen weniger Gefahr, sich selbst zu überschätzen.

Inzwischen gibt es in Deutschland einige Rehabilitations-Angebote speziell für Menschen mit Lungenhochdruck. Wichtig ist allerdings, dass die Sporttreibenden medikamentös bestmöglich eingestellt sind.

Kann man mit Lungenhochdruck Reisen unternehmen?

Reisen in Höhen von über 1500 bis 2000 Metern können aufgrund des niedrigeren Sauerstoffgehalts bei pulmonaler Hypertonie problematisch sein und sollten mit der Fachärztin oder dem Facharzt abgesprochen werden. Auch Flugreisen können wegen des verringerten Kabinendrucks negative Folgen haben und müssen mit dem behandelnden ärztlichen Team abgeklärt werden. Sinnvoll ist in jedem Fall, dass PH-Betroffene auf Flugreisen eine schriftliche ärztliche Erklärung über die Erkrankung und Medikation mit sich führen. Ausführliche Informationen zu Flugreisen mit Lungenhochdruck- gibt der Schweizer PH-Verein und die Webseite „Flugreisen“ der European Lung Foundation mit Informationen zu den einzelnen Fluggesellschaften (zum Teil in Englisch).

Empfehlungen für Schwangere und Kinder mit Lungenhochdruck

Während einer Schwangerschaft verändert sich das gesamte mütterliche Herz-Kreislaufsystem: Herz und Lunge müssen erhebliche Mehrarbeit leisten. Systolischer und diastolischer Blutdruck verändern sich von Anbeginn an, das Blutvolumen nimmt im Laufe einer Schwangerschaft um etwa 50 Prozent zu. Der Gesundheitszustand von PH-Patientinnen kann sich im Verlauf der Schwangerschaft verschlechtern und eine Schwangerschaft kann – besonders bei Patientinnen mit schlecht eingestelltem Lungenhochdruck – zu einem lebensbedrohlichen Zustand werden. Aber auch das ungeborene Kind erhält möglicherweise zu wenig Sauerstoff in der Gebärmutter, was zu Entwicklungsstörungen führen könnte. Daher raten die europäischen Leitlinien Betroffenen mit pulmonaler Hypertonie von einer Schwangerschaft ab und empfehlen eine sichere Empfängnisverhütung. Wenn eine PH-Patientin dennoch ein Kind erwartet, ist eine eingehende Beratung und engmaschige Überwachung in einem besonders qualifizierten PH-Zentrum wichtig. Das ärztliche Team muss auch die medikamentöse Therapie auf den Prüfstand stellen und anpassen, denn einige PH-Medikamente sind für den Zeitraum der Schwangerschaft nicht geeignet.

Kinder mit der Diagnose Lungenhochdruck sollten in PH-Fachzentren versorgt werden. Sowohl Diagnostik als auch Therapie sind je nach Form der kindlichen PH sehr komplex. Anders als bei Erwachsenen sind oft angeborene Herzfehler die Ursache. Die speziellen Anforderungen der PH bei Kindern behandelt die aktuelle S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler (DGPK).

Erfahren Sie mehr zu Lungenerkrankungen und Kinderwunsch bzw. Schwangerschaft

Lungentransplantation bei pulmonaler Hypertonie

Eine letzte, aber wichtige Behandlungsoption für PAH-Betroffene, denen eine medikamentöse Lungenhochdruck-Therapie nicht ausreichend hilft, ist die Lungentransplantation. Das gilt auch für PH-Formen, die mit schweren Lungenerkrankungen zusammenhängen. In diesem Fall arbeiten die Fachleute aus PH-Zentrum und Transplantationszentrum eng zusammen.

Was leistet die Prävention?

Allgemeine Richtlinien für die Prävention (Vorbeugung) von Lungenhochdruck gibt es nicht. Familienangehörige von Erkrankten sollten wegen eines möglichen genetischen Hintergrunds die bekannten Risiken – soweit dies möglich ist – meiden. Einigen mit der PH verknüpften Herz- und Lungenerkrankungen lässt sich bis zu einem gewissen Grad mit einem gesundheitsfördernden Lebensstil vorbeugen (z. B. nicht rauchen, ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung).

Quellen

Letzte Aktualisierung: 24.05.2024