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Covid-19 vaccination with vaccine bottle and syringe injection tool for coronavirus immunization treatment.
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Impfen: Grundlagen

Schutzwirkung von Impfungen

Impfungen schützen besonders vor:

  • Schweren Infektionskrankheiten, bei denen es keine oder nur eingeschränkte Therapiemöglichkeiten gegen den Krankheitserreger gibt. Zum Beispiel: Hepatitis B, Poliomyelitis, Tollwut, Diphtherie oder Tetanus.
  • Schweren Komplikationen, die möglicherweise bei Infektionen auftreten können. Zum Beispiel: Gehirnentzündungen bei Masern (Masernenzephalitis).
  • Schweren Krankheitsverläufen bei Risikopatient:innen. Zum Beispiel Windpocken bei leukämiekranken Kindern. 
  • Infektionskrankheiten, die während der Schwangerschaft (Röteln) oder bei der Geburt (Windpocken) zu schweren Schäden beim Kind führen können.
  • Akuten Verschlechterungen (Exazerbationen) bei chronischen Lungenkrankheiten wie Asthma oder COPD, die durch die Infektionskrankheiten ausgelöst werden können.

Die Aufgabe des Immunsystems

Die Aufgabe des körpereigenen Abwehrsystems besteht darin, eigene von fremden Zellen und Substanzen zu unterscheiden und alles Fremde - zum Beispiel Bakterien, Viren und Parasiten, aber auch krankhaft veränderte und abgestorbene Körperzellen - zu vernichten.

Viele Krankheitserreger prallen schon an Haut und Schleimhäuten ab, werden von Talg, Schweiß und Tränen abgefangen, von Speichel, Magensäure und Darmflora zersetzt oder mit dem Harn ausgespült. Wenn sich die Angreifer so nicht aufhalten lassen, werden sie vom Immunsystem bekämpft: Dabei bedarf es eines komplexen Zusammenspiels verschiedener spezialisierter Zellen und Biomoleküle.

Was gehört zum Immunsystem?

Wichtige Funktionen übernehmen im Immunsystem vor allem Knochenmark, Thymus, Milz, Mandeln und Lymphknoten. Sie stehen über das Blut und die Lymphbahnen mit allen Körpergeweben in Verbindung.

    Des Weiteren gehören verschiedene Zellen zum Immunsystem, die sogenannten weißen Blutkörperchen, auch Leukozyten genannt. Diese Zellen sind auf die Abwehr von Fremdkörpern und potentiellen Krankheitserregern spezialisiert und übernehmen Aufgaben der erworbenen (spezifischen) und angeborenen (unspezifischen) Immunabwehr. Es gibt verschiedene Arten von Leukozyten, die unterschiedliche Funktionen besitzen und sich gegenseitig ergänzen:

    • B-Lymphozyten bilden spezifische Antikörper, die körperfremde Stoffe (Antigene) binden können. Da Antikörper in Körperflüssigkeiten, wie zum Beispiel im Blut gelöst vorliegen, rechnet man sie der sogenannten humoralen Abwehr zu (lat. humor = Flüssigkeit).
    • T-Lymphozyten reifen in der Thymusdrüse heran. Ihre verschiedenen Formen, darunter die CD4-T-Lymphozyten (T-Helferzellen) und CD8-Lymphozyten (zytotoxische T-Zellen) sind in der Lage, infizierte Körperzellen zu erkennen und zu zerstören. Sie sind Bestandteil der zellulären Abwehr.
    • Natürliche Killerzellen sind Meister im Aufspüren von krankhaften Zellen: Sie überprüfen eine für jeden Menschen einzigartige Eiweiß-Struktur auf der Oberfläche jeder Körperzelle, den sogenannten MHC-Komplex (Major Histocompatibility Complex = Haupt-Gewebeverträglichkeits-Komplex). Erweist sich dieser als verändert, zum Beispiel bei Körperzellen, die von Viren infiziert oder zu Tumorzellen entartet sind, vernichten die Killerzellen die entsprechende Zelle.
    • Granulozyten machen den Großteil der weißen Blutkörperchen aus. Sie können die Blutbahn verlassen und ins Gewebe einwandern. Dort sind sie an Entzündungsreaktionen beteiligt und machen vor allem bakterielle Krankheitserreger unschädlich.
    • Makrophagen („Fresszellen“) befinden sich bereits im Gewebe. Dort fressen sie Schadstoffe wie Teer aus Zigarettenrauch sowie eingedrungene Erreger.
    • Dendritische Zellen erkennen Fremdkörper und bereiten sie so auf, dass ihre sogenannten Antigene den T-Lymphotyzen in lymphatischen Organen präsentiert werden können und damit eine Erreger-spezifische zelluläre Immunreaktion ausgelöst wird.

    Welche Immunreaktionen gibt es?

    Angeborenes (unspezifisches) Immunsystem:

    Ein Teil unseres Immunsystems ist ständig einsatzbereit und reagiert in wenigen Minuten oder Stunden auf Viren und Bakterien, selbst wenn es zum ersten Mal mit ihnen konfrontiert ist. Diese schnelle Reaktion richtet sich jedoch nur gegen Erreger, auf die sich der Mensch während der Jahrmillionen seiner Evolution einstellen konnte. Die Reaktion auf diese Erreger ist in unserem Erbgut verankert. Man spricht daher auch vom angeborenen Immunsystem. Zum angeborenen Immunsystem gehören unter anderem die natürlichen Killerzellen und Fresszellen.

    Adaptives (erworbenes, spezifisches) Immunsystem:

    Neben dem angeborenen Immunsystem verfügen Wirbeltiere zusätzlich über ein adaptives Immunsystem: Die Zellen des adaptiven Immunsystems erkennen spezifische Strukturen der Eindringlinge, sogenannte Antigene, mit denen der Körper früher bereits Kontakt hatte, und bilden gezielt T-Lymphozyten und Antikörper dagegen aus.

    Wie eng das angeborene und das adaptive Immunsystem zusammenarbeiten, zeigt das Beispiel der hochspezialisierten dendritischen Zellen:

    Als Teil des angeborenen Abwehrsystems nehmen dendritische Zellen fremde Zellbestandteile auf, zerlegen sie in Bruchstücke und präsentieren diese als Antigene den T-Lymphozyten der adaptiven Immunabwehr. B-Lymphozyten produzieren daraufhin spezifische Antikörper, die sich an die Zellbestandteile der Eindringlinge heften und sie zur Zielscheibe für weitere Abwehrzellen machen. Zeitgleich entstehen bei diesen Prozessen auch Gedächtniszellen, die den Erreger bei einer erneuten Infektion wesentlich schneller und effizienter abwehren können.

    Warum überhaupt impfen?

    Impfungen trainieren das erworbene Immunsystem, Antikörper gegen die jeweilige Erkrankung zu produzieren. Neben dem Schutz des einzelnen geimpften Menschen vor Infektionskrankheiten haben viele Impfungen noch einen weiteren positiven Effekt: Sie schaffen einen Gemeinschaftsschutz der Bevölkerung gegen Erreger, die von Mensch zu Mensch übertragen werden. Dieser Schutz, auch Herdenimmunität genannt, verhindert den Ausbruch von Epidemien. Davon profitieren vor allem Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, wie zum Beispiel neu geborene Babys oder Menschen mit einem schwachen Immunsystem.

    Ein solcher Nutzen für die Allgemeinheit setzt allerdings erst dann ein, wenn eine sehr hohe Impfquote besteht. Der Prozentsatz an Personen, die in einer Bevölkerung geimpft sein müssen, um Herdenimmunität zu erreichen, ist für jede Infektionskrankheit unterschiedlich groß:

    • Für die Diphtherie und Mumps wird eine Herdenimmunität bei etwa 86 Prozent,
    • für Masern und Keuchhusten bei 95 Prozent sogenannter Durchimpfung erreicht.

    Bei sehr hohen Durchimpfungsraten können Infektionserreger regional und gegebenenfalls sogar weltweit ausgerottet werden.

    Um eine höhere Durchimpfungsrate zu erreichen, orientiert sich der Impfkalender der STIKO an den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder.

    Die STIKO ist die "Ständige Impfkommission" beim Robert Koch-Institut und gibt Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen.

    Verschiedene Formen der Impfung

    Je nach Wirkprinzip der Impfung wird zwischen aktiver und passiver Immunisierung unterschieden. So unterscheidet man bei den aktiven Impfstoffen beispielsweise zwischen Lebendimpfstoff und Totimpfstoff. In einigen Fällen wird die aktive und passive Immunisierung gleichzeitig eingesetzt, man spricht dann von einer kombinierten Impfung.

    Aktive Immunisierung

    Bei der aktiven Immunisierung werden abgetötete beziehungsweise stark abgeschwächte, sogenannten attenuierte Erreger oder deren Bestandteile dem Körper zugeführt. Meist wird der Impfstoff dabei mit einer Spritze injiziert. Durch den Kontakt mit den nicht infektiösen Erregerbestandteilen, wird das körpereigene immunologische Abwehrsystem aktiviert und so "programmiert", dass es kommende Infektionen schon im Ansatz bekämpfen kann.

    Bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger steht das Immunsystem dann schon bereit und kann mit seinem Arsenal an Abwehrwaffen den Eindringling erfolgreich bekämpfen. So kommt die Infektionserkrankung durch die aktive Impfung gar nicht erst zum Ausbruch.

    Je nach Impfstoff kann dieser Schutz lebenslang andauern oder muss durch so genannte Auffrischungsimpfungen wieder reaktiviert werden:  

    • Die Kombinationsimpfung gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR-Impfung) erzeugt nach derzeitigem Wissen bei fast allen Geimpften beispielsweise eine lebenslange Immunität.
    • Bei Diphtherie und Tetanus muss der Impfschutz dagegen alle zehn Jahre wieder aufgefrischt werden.
    • Die Grippeimpfung gegen das sich ständig wandelnde Grippevirus (Influenzavirus) muss sogar jährlich wiederholt werden.

    Der Aufbau des Impfschutzes dauert bei der aktiven Immunisierung einige Zeit, da das Immunsystem zuerst aktiviert werden muss.

    Totimpfstoff und Lebendimpfstoff: Was ist der Unterschied?

    Bei den Impfstoffen kann man zwischen Todimpfstoffen und Lebendimpfstoffen unterscheiden.

    Totimpfstoffe

    Sogenannte Totimpfstoffe enthalten abgetötete Krankheitserreger, die sich nicht mehr vermehren können, beziehungsweise Teile von Erregern, die ebenfalls nicht mehr vermehrungsfähig sind. Beispiele für Totimpfstoffe sind die Impfstoffe gegen

    Impfungen mit Totimpfstoffen werden in der Regel gut vertragen und können unbedenklich auch an Personen verabreicht werden, deren Immunsystem zum Beispiel aufgrund von medikamentösen Therapien nach Organtransplantation oder bei Autoimmunerkrankungen geschwächt ist (immunsupprimiert).

    Seit der Corona-Pandemie kommen auch sogenannte Vektor- oder mRNA-Impfstoffe zum Einsatz. Vektorbasierte und mRNA-Impfstoffe bewirken die Produktion kleiner Bestandteile des Erregers im Körper. Bei den Corona-Impfstoffen handelt es sich dabei um ein winziges Protein von der Oberfläche des Virus, das sogenannte Spike-Protein. Das Immunsystem reagiert auf diese Erregerkomponenten ähnlich wie bei Totimpfstoffen. Daher werden diese Impfstofftypen häufig mit Totimpfstoffen gleichgestellt.

    Lebendimpfstoffe

    Lebendimpfstoffe enthalten hingegen geringe Mengen "lebender" Krankheitserreger, durch die aber die Erkrankung selbst nicht ausgelöst werden kann. Nur in seltenen Fällen können sie zu einer leichten Infektion führen. Ein Beispiel dafür sind die so genannten Impfmasern. Diese leichte Maserninfektion verläuft in der Regel harmlos und ist nicht ansteckend.

    Besondere Vorsicht ist bei Menschen geboten, deren Immunsystem zum Beispiel durch bestimmte Medikamente (Immunsuppressiva) geschwächt ist. Diese Personen dürfen in manchen Fällen nicht mit einem Lebendimpfstoff geimpft werden.

    Zu den Lebendimpfstoffen gehören solche gegen

    • Masern,
    • Mumps,
    • Röteln und
    • Windpocken.

    Passive Immunisierung

    Bei einer passiven Immunisierung werden keine Erreger-Bestandteile, sondern Antikörper injiziert, die aus einem fremden Organismus stammen und bereits gegen bestimmte Erreger oder deren Giftstoffe gerichtet sind. Diese auch Immunglobuline genannten Antikörper können von Menschen oder in einigen seltenen Fällen auch von Tieren, zum Beispiel Pferden, Schafen oder Kaninchen stammen.

    Im Gegensatz zur aktiven Immunisierung besteht bei der passiven Impfung ein Sofort-Schutz gegen den Erreger. Dieser hält allerdings meist nur einige Wochen bis höchstens drei Monate an, da die gespritzten Antikörper nach einiger Zeit wieder abgebaut werden.

    Eine passive Immunisierung wird empfohlen wenn,

    • kein geeigneter Impfstoff zur Verfügung steht,
    • eine aktive Immunisierung nicht mehr erfolgreich durchgeführt werden kann, oder
    • wenn nach Kontakt mit dem Erreger sofort ein Immunschutz notwendig ist. Beispiele dafür sind der Verdacht auf eine Tetanus-Infektion (Wundstarrkrampf) oder Tollwut nach Tierbissen und unklarem Impfstatus des Betroffenen.

    Die passive Immunisierung ist daher eher eine Notfallmaßnahme, wenn bereits ein Kontakt mit dem fraglichen Erreger stattgefunden hat. Ein immunologisches Gedächtnis wird hier nicht ausgebildet, daher handelt es sich im eigentlichen Sinne auch nicht um eine "Impfung". 

    Kombinierte Impfung

    Wird ein sofortiger Schutz und gleichzeitig eine dauerhafte Immunität benötigt, zum Beispiel gegen Hepatitis B beim neugeborenen Baby einer infizierten Mutter, ist eine so genannte Simultanimpfung, eine kombinierte passive und aktive Immunisierung, möglich. Die dabei injizierten "Fremd"-Antikörper schützen vor dem Hepatitis B-Virus bis zur Bildung eigener Antikörper.

    Zur Bildung eines möglichst frühen Immunschutzes sollten die meisten empfohlenen Impfungen beim Baby bereits im dritten Lebensmonat begonnen werden. Schutzimpfungen sind aber auch für alle höheren Lebensalter von großer Bedeutung. So spielen sie eine wichtige Rolle als Vorsichtsmaßnahme vor Reisen und beim Schutz von Personen, die durch Beruf, Lebensstil, Alter oder bestimmte Grunderkrankungen besonders gefährdet sind.

    Impfung und Nebenwirkungen?

    Moderne Impfstoffe sind hoch effizient und gut verträglich, sie haben aber – wie andere Arzneimittel auch – nicht immer eine hundertprozentige Wirksamkeit. Beispielsweise führt die erstmalige Impfung gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR) bei etwa acht Prozent der Geimpften nicht zur gewünschten Immunität. Um möglichst alle Personen zu schützen, wird daher die MMR-Impfung nach kurzer Zeit wiederholt.

    Ernsthafte Nebenwirkungen nach einer Impfung werden nur selten beobachtet. Prinzipiell unterscheidet man je nach Schwere der unerwünschten Reaktionen zwischen

    • Impfreaktion,
    • Impfkrankheit,
    • Impfkomplikation und
    • bleibendem Impfschaden.

    Impfreaktionen können gelegentlich in Form von lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle, wie Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen, einem kurzzeitigen allgemeinen Krankheitsgefühl oder leichtem Fieber auftreten. Diese Symptome entstehen, da das Immunsystem auf den Impfstoff reagiert und sich mit ihm auseinandersetzen muss. Impfreaktionen dauern daher nur kurz an und klingen in der Regel nach wenigen Tagen ohne Komplikationen wieder ab.

    Schwerere Nebenwirkungen durch eine Impfung und Impfkomplikationen sind äußerst selten und beruhen vor allem auf allergischen Reaktionen gegen Begleitsubstanzen im Impfstoff.

    Mehr zu allergischen Reaktionen erfahren Sie auch beim Allergieinformationsdienst von Helmholtz Munich.

    Impfkomplikationen und Impfschäden können auch durch technische Fehler, durch eine falsche Impftechnik oder durch eine Nichterkennung von Gegenanzeigen hervorgerufen werden. Sie beruhen meistens auf einer individuellen Reaktion der geimpften Person. 

    Wichtig ist es, zu vergleichen, wie oft eine mögliche Komplikation durch die Impfung oder aber durch die entsprechende Infektionskrankheit selbst auftreten kann.

    Beispiel Masern: Nach einer Infektion mit dem Masernvirus erkranken 98 Prozent der dafür Empfänglichen auch tatsächlich an Masern, wenn sie nicht gegen die Krankheit geimpft sind. Bei etwa einer von 1.000 berkrankten Personen entwickelt sich im Krankheitsverlauf eine Gehirnentzündung (Enzephalitis). Bei einer Masern-Impfung liegt das Risiko, an Enzephalitis zu erkranken, dagegen bei unter eins zu einer Million. Dabei ist sogar dieser Zusammenhang unsicher. Das macht deutlich, dass die Impfung eine viel geringere Komplikationsrate aufweist als die Erkrankungen selbst.

    Quellen

    Letzte Aktualisierung: 09.10.2023