Idiopathische Lungenfibrose: Welche Rolle spielt der BMI?
Wie hängen der Body-Mass-Index (BMI) und der Krankheitsverlauf der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) zusammen? Ein Forschungsteam hat versucht, diese Frage im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit zu beantworten. Dazu fasste das Team die Ergebnisse aus 36 Studien zusammen.
Die IPF hat unter den verschiedenen Formen der Lungenfibrose die schlechteste Prognose. Sie ist besonders aggressiv und nicht ursächlich behandelbar. Um den Verlauf dieser Erkrankung besser vorhersagen zu können, werden in der Forschung verschiedene Merkmale der Betroffenen herangezogen. Der BMI gilt als unkompliziert und günstig zu messender Marker. In der Prognose der IPF wurde er bis heute jedoch nicht gänzlich untersucht. Die Forschenden analysierten in diesem Zusammenhang mehrere Endpunkte für den Krankheitsverlauf.
BMI als vielversprechender Marker für den Krankheitsverlauf
Während der BMI in der Diagnosestellung keine Rolle spielt, konnten die Forschenden statistisch aussagekräftige (signifikante) Zusammenhänge zwischen dem BMI der Patient:innen und
- der Sterblichkeit (zehn von 21 Studien zum Thema),
- des Krankheitsfortschritts (vier von sechs Studien),
- einem erhöhten Risiko für eine Krankenhauseinweisung (vier von sechs Studien) und
- der Verträglichkeit des antifibrotischen Wirkstoffes Nintedanib (zwei von drei Studien) feststellen.
Keine Zusammenhänge wurden zwischen Exazerbation (Verschlimmerung der Krankheit) und BMI gefunden (10 von 11 Studien). Insbesondere relativ niedrige BMI-Werte zu Beginn der Erkrankung und/oder eine größere Abnahme des BMIs im Zeitverlauf sind mit ungünstigen klinischen Ergebnissen verbunden.
„Adipositas-Paradoxon” bei IPF-Patient:innen?
Übergewicht ist bei vielen Erkrankungen, wie Typ 2 Diabetes, ein sehr gut erforschter Risikofaktor. Bei einigen chronischen Erkrankungen konnte man bei Betroffenen mit höherem BMI jedoch einen günstigeren Krankheitsverlauf feststellen. Dieser logische Widerspruch wird auch als „Adipositas-Paradoxon“ bezeichnet. Es trifft allerdings nur auf bereits erkrankte Personen zu, da diese aufgrund ihrer Erkrankung eine kürzere Lebenserwartung aufweisen.
Die Autor:innen der Übersichtsarbeit betonen auch, dass dieses Paradoxon bei der idiopathischen Lungenfibrose nicht in erster Linie mit einer Zunahme der Fettmasse, sondern vielmehr mit einer Zunahme der fettfreien Masse verbunden ist, zum Beispiel der Muskelmasse. Dies könnte zu einer besseren Belastbarkeit und Herz-Kreislauf-Fitness führen. Diese Annahme wird auch durch Studienergebnisse gestützt, die zeigen, dass die Erkrankung bei Betroffenen mit IPF und einer geringeren Skelettmuskelmasse signifikant stärker fortschreitet und häufiger zum Tode führt.
Eine weitere interessante Beobachtung ist, dass IPF-Patient:innen mit niedrigerem BMI laut zwei von drei Studien den Wirkstoff Nintedanib schlechter vertrugen. Ein frühzeitiges Absetzen der antifibrotischen Therapie wirkt sich wiederum ungünstig auf den Krankheitsverlauf aus.
Um die prognostische Bedeutung des BMIs bei IPF zu bestätigen und in die Versorgungsroutine von Betroffenen aufzunehmen, sind weitere Studien notwendig.
Quelle:
Zinellu, A. et al.: A Systematic Review of the Prognostic Significance of the Body Mass Index in Idiopathic Pulmonary Fibrosis. In: Journal of Clinical Medicine,2023, 12(2): 498
https://doi.org/10.3390/jcm12020498