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Kranke Lunge außerhalb des Körpers behandelt

Medizinerinnen und Mediziner aus Hannover haben erstmals eine von antibiotikaresistenten Bakterien ausgelöste Lungenentzündung außerhalb des Körpers behandelt. Antibiotikaresistenzen führen immer öfter dazu, dass es für schwere Lungenentzündungen keine Behandlungsmöglichkeiten mehr gibt. Der Vorteil der neuen Methode: Durch die Therapie außerhalb des Körpers können sehr hohe Antibiotika-Dosen eingesetzt werden, die normalerweise für den Körper giftig wären.

Für ihre Pilotstudie am Tiermodell nutzten die Forschenden ein sogenanntes Organ Care System (OCS). Das OCS ist ein mobiles Gerät, das die Durchblutung der Lunge außerhalb des Körpers ermöglicht. In dem Gerät wird das Organ körperwarm transportiert, von Spenderblut durchflossen und mit Nährstoffen - oder auch mit Medikamenten wie Antibiotika - versorgt. Die Lunge wird im OCS während der Behandlung beatmet und kann sich so selbst mit Sauerstoff versorgen. Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob sich die Behandlung einer schweren Lungenentzündung mit hoch dosierten Antibiotika in einem Organ Care System als neue Therapie für ansonsten unheilbare antibiotikaresistente Lungeninfektionen eignet.

Hundertfache Antibiotikadosis

Das Forscherteam verabreichte zum einen die für den Körper verträgliche Dosis des Antibiotikums Colistin intravenös und zum anderen behandelte es die explantierten erkrankten Lungenflügel im OCS mit der hundertfachen Dosis des Antibiotikums. Diese Dosis wäre für Patienten normalerweise nicht verträglich, so die Autoren, da sie zu Nierenversagen und Schäden am zentralen Nervensystem führen würde. Um im OCS die Infektion der Lunge zu behandeln, explantierten die Ärzte den betroffenen Lungenflügel, implantierten ihn in ein OCS und behandelten das Organ für zwei Stunden mit dem Antibiotikum. Danach implantierten sie den Lungenflügel wieder in das Tiermodell.

Neue Therapieoption für schwer verlaufende Lungenentzündungen?

In der Kontrollgruppe konnten die Wissenschaftler die Infektion in einem von drei Fällen erfolgreich behandeln. In der OCS-Gruppe waren es zwei von drei. Auch die klinischen Symptome der Lungenentzündung waren in der OCS-Gruppe weniger schwerwiegend. Die Autoren sind aufgrund ihrer Ergebnisse davon überzeugt, dass die getestete Behandlungsmethode eine neue therapeutische Strategie für schwer verlaufende Infektionen darstellt, für die es ansonsten keine alternativen Therapien mehr gibt. Bevor sie jedoch auf den Menschen übertragen werden könne, müssten weitere Studien folgen, auch um die Sicherheit für die Patienten zu gewährleisten. Mit Blick in die Zukunft sprechen die Autoren davon, dass es auch denkbar sei, die Methode auf weitere Organe wie das Herz oder andere Therapieoptionen wie Chemo- oder Zelltherapien zu übertragen.

Quellen:

Zinne, N. et al.: Treatment of infected lungs by ex vivo perfusion with high dose antibiotics and autotransplantation: A pilot study in pigs. In: PLOS ONE, online publiziert am 5. März 2018

Forschungsnetzwerk BREATH: Organ Care System: MHH-Ärzte behandeln kranke Lunge außerhalb des Körpers. Pressemitteilung vom 9.3.2018