Zu viel Eisen sammelt sich auch in der Lunge
Eisen, das sich durch einen genetischen Stoffwechseldefekt im Körper anreichert, lagert sich auch in bestimmten Zellen der Lunge ab. In der Folge kann das zu Problemen bei der Atmung und einer eingeschränkten Lungenfunktion führen. Diesen Zusammenhang konnten Heidelberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt im Tiermodell nachweisen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift ‚EBioMedicine‘ veröffentlicht.
Ist der Eisenstoffwechsel zum Beispiel durch einen vererbten genetischen Defekt gestört, kann sich überschüssiges Eisen in wichtigen funktionalen Geweben des Körpers einlagern. Besonders betroffen sind davon Leber, Bauchspeicheldrüse, Herz und Gelenke. Aber auch in bestimmten Zellen der Lunge sammelt sich das Eisen an, wie jüngst eine interdisziplinäre Studie des Deutschen Zentrums für Lungenforschung herausfand. Überschüssiges Eisen kann zu oxidativem Stress führen und das Gewebe schädigen. In der Lunge ist das Risiko für oxidativen Stress besonders hoch, da das Lungengewebe direkt der Atmosphäre mit hohen Sauerstoffkonzentrationen ausgesetzt ist.
Überschüssiges Eisen beeinträchtigt die Lungenfunktion
Die Heidelberger Wissenschaftler überprüften nun, ob die vermehrte Einlagerung von Eisen in der Lunge auch Auswirkungen auf deren Funktion hat. Dafür untersuchten sie Tiere, deren Eisenstoffwechsel durch einen genetischen Defekt gestört war. Die Analyse der Lungenfunktion ergab: Die Ablagerung von Eisen in der Lunge erschwerte die Atmung. Die Lunge war weniger dehnbar und das Atemvolumen entsprechend verringert, wodurch auch die Sauerstoffsättigung im Blut geringer war. Ob dies auch bei Menschen mit einer schweren Form der Eisenspeicherkrankheit der Fall ist, müsse jedoch noch geprüft werden, so die Wissenschaftler.
Nach Aussage der Autoren, würden die aktuellen Ergebnisse jedoch nahe legen, diese Problematik vor allem bei Menschen mit Eisenüberladung und zusätzlich auftretenden Lungenerkrankungen im Blick zu behalten. Denn Hinweise darauf, dass der Eisenstoffwechsel auch bei einer Reihe von akuten und chronischen Lungenerkrankungen eine Rolle spielt, gibt es bereits. So haben Studien beispielsweise gezeigt, dass eine Anreicherung von Eisen in bestimmten Fresszellen in der Lunge (Alveolarmakrophagen) mit einem schwereren Verlauf der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, kurz COPD, in Verbindung gebracht werden kann. Es sei also anzunehmen, dass auch die genetisch bedingte Eisenüberladung Lungenprobleme begünstigt oder verschlimmert, so die Wissenschaftler. Sie raten deshalb dazu, diesem Aspekt mehr Beachtung zu schenken und betroffene Personen entsprechend zu beraten.
Zusammenhang zwischen Eisenablagerungen und Lungenerkrankungen noch nicht klar
Noch ist nicht genau bekannt, wie das Gleichgewicht des Eisenstoffwechsels in der Lunge genau reguliert wird. Und auch über den Zusammenhang zwischen Eisenablagerungen und der Entstehung von Lungenerkrankungen sei noch sehr wenig bekannt, berichtet einer der Co-Autoren der Studie. Dies liege besonders daran, dass sich Forscher auf dem Gebiet des Eisenstoffwechsels bislang wenig mit der Lunge beschäftigt haben. Die Arbeit habe nun erstmals im Tiermodell gezeigt, dass Eisenablagerungen zu einer schweren Lungenerkrankung führen können - und nicht erst im Verlauf einer Lungenerkrankung auftreten. Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass diese Entdeckung eine wichtige Basis für die weitere Forschung bildet.
Die verschiedenen Formen der Eisenspeicherkrankheit gehören zusammengenommen zu den häufigsten erblichen Stoffwechselerkrankungen in Nordeuropa. Alleine in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 100.000 Menschen erkrankt.
Quelle:
Neves et al.: Disruption of the Hepcidin/Ferroportin Regulatory System Causes Pulmonary Iron Overload and Restrictive Lung Disease. In: EBioMedicine, 20 (2017) 230-239
UniversitätsKlinikum Heidelberg: Krankhafter Eisenüberschuss: Auch die Lunge ist betroffen. Pressemitteilung vom 30.6.2017