Neu entdeckte Zellen schützen Lunge während Chemotherapie
Für Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, sind Infektionen eine große Gefahrenquelle, da das Immunsystem in dieser Phase stark geschwächt ist. US-amerikanische Forscher haben nun im Tiermodell eine neue Art von Immunzellen entdeckt, die die Behandlung übersteht und die Lunge gegen bakterielle Erreger schützt.
Soviel vorweg: Ob sich dieser Mechanismus auch im Menschen abspielt, können die Forscher aktuell noch nicht sagen. Ziel könne es aber auch sein, diesen Effekt therapeutisch herbeizuführen, so die Autoren. Denn er behandelt ein immer wichtiger werdendes Problem: durch die zunehmende Zahl von Krebspatienten, die eine Chemotherapie erhalten , steigt auch deren Anfälligkeit für Infektionen, da die meisten Wirkstoffe neben den Krebszellen auch weite Teile des Immunsystems zerstören - der Fachmann spricht von Immunsuppression.
Hier setzte die neue Studie an: die Forscher konnten zeigen, dass chemotherapeutisch immunsupprimierte Mäuse durch eine Infektion mit dem häufigen Atemwegskeim Pseudomonas aeruginosa lebensgefährlich bedroht waren. Wurden sie aber gegen den Erreger geimpft (dreimal im Wochenrhythmus und dann einen Monat Pause), konnte ihr Körper die Infektion bewältigen. Da eine Impfung mit einem fehlenden Immunsystem aber eigentlich keinen Effekt haben dürfte, suchte das Team nach den Ursachen dieses Effekts.
Dabei stießen sie auf eine bisher unbekannte Art von Fresszellen, auch Makrophagen genannt. Sie waren, wie weitere Experimente zeigten, offenbar fähig unter chemotherapeutischen Bedingungen in der Lunge zu überleben. Sie konnten sich sogar vermehren und darüber hinaus eindringende Keime bekämpfen. Da sie sich offenbar nur durch eine Impfung (englisch vaccine) aktivieren ließen, gaben die Wissenschaftler ihnen den Namen vaccine-induced macrophages, kurz ViMs.
Transferierten die Forscher solche ViMs in die Atemwege von vorher nicht geimpften immunsupprimierten Mäusen, konnten sie auch dort eine tödliche Pseudomonas-Infektion abwenden. Dies, so die Autoren, spräche dafür, dass die ViMs den entscheidenden Effekt vermitteln. Woher sie genau stammen, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Die Wissenschaftler vermuten aber Vorläufer direkt in der Lunge, da die andere mögliche Quelle für Makrophagen – das Knochenmark – durch die Chemotherapie vermutlich ausscheide. Auch der Mechanismus, wie sich ViMs vor der Chemotherapie schützen, sei noch zu klären.
Künftig wollen die Forscher überprüfen, ob und wie man ViMs auch in immunsupprimierten Krebspatienten zum Einsatz bringen könnte.
Quellen:
Kamei, A. et al.: Exogenous remodeling of lung resident macrophages protects against infectious consequences of bone marrow-suppressive chemotherapy. In: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2016, DOI: 10.1073/pnas.1607787113
St. Jude Children’s Research Hospital: Newly discovered immune cell type protects against lung infections during chemotherapy. Pressemitteilung vom 26. September 2016