Kein Widerspruch – Sport und Bewegung bei Lungenerkrankungen
Sport bei Lungenerkrankungen – das klingt zunächst nach einem Widerspruch in sich. Aber das war einmal. Laut aktuell gültigen Leitlinien und wissenschaftlicher Datenlage bekommt körperliches Training bei Lungenerkrankungen einen immer größeren Stellenwert in der Behandlung und Krankheitsbewältigung sowie für eine dauerhafte Teilhabe am Alltag. Der Lungeninformationsdienst sprach mit Michaela Frisch über Sport als Therapie. Die Mitarbeiterin der Espan-Klinik für Atemwegserkrankungen in Bad Dürrheim gibt zudem Tipps für die Bewegung im Alltag.
Atmung findet ja im Körper automatisch statt. Was können Lungenpatienten selbst tun für ihre Atmung?
Am Anfang der Therapie ist die Bewusstmachung und Wahrnehmung der Atmung wichtig, um schlechte und ineffektive oder auch belastende Gewohnheiten dann in der Folge ändern zu können. Daran schließt sich dann das Erlernen der wichtigsten Selbsthilfetechniken für einen Atemwegspatienten: Lippenbremse und Bauchatmung.
Welche besondere Bedeutung hat Treppensteigen für Lungenpatienten?
Die meisten Atemwegspatienten mussten leider in ihrem Leben bereits die Erfahrung machen, dass sie beim Treppensteigen in Atemnot geraten sind und in der Folge in ein Schonverhalten (Vermeiden des Treppensteigens) verfallen sind. Mit der richtigen Technik und etwas Übung kann man aber viel erholter und besser die Treppe hoch kommen und steigert somit seine Lebensqualität und in der Folge auch sein Selbstwertgefühl.
Unfälle und Stürze im Haushalt treten bei Lungenpatienten überdurchschnittlich häufig auf – woran liegt das und wie können die Patienten vorbeugen?
Die Gründe könnten die Abnahme der Muskelmasse – also die mangelnde Kraft – und die Reduzierung der koordinativen Fähigkeiten aufgrund von Schonverhalten und mangelndem körperlichem Training sein. Auf der anderen Seite erhöhen ein nicht geübter oder trainierter Umgang mit dem Rollator und die Stolperfalle „Sauerstoffschlauch“ die Sturzgefahr.
Zur Vorbeugung ist ein Training zum Muskelaufbau, neben Übungen zur Verbesserung der Koordination ein elementarer Bestandteil der Therapie – zum Beispiel auch im Rahmen des Lungensports. Aber auch der Umgang mit den Mobilgeräten der Langzeitsauerstofftherapie und dem Rollator sind wichtig zur Sturzprävention und -prophylaxe.
Flutter, Cornet, Acapella – was verbirgt sich hinter diesen Begriffen aus dem Lungensport?
Flutter, Cornet und Acapella sind Hilfsmittel, die aufgrund von Vibrationen / Schwingungen – bei richtigem, geschultem Einsatz durch den Patienten – zum Lösen des Sekrets beitragen. Deshalb kommen diese Geräte nicht nur im Lungensport, sondern sowohl beim Lungenfacharzt und im Akuthaus als auch in der Rehabilitation zur Anwendung.
Lungenpatienten sollten auch wissen, wie sie sich im Notfall am besten verhalten, bevor ärztliche Hilfe kommt. Welche Tipps können Sie für den Notfall im Alltag geben?
Wichtig ist vor allem der richtige Gebrauch der Notfallmedikation (Üben des richtigen Einsatzes des Sprays im Vorfeld), die Information an sein Umfeld (was will ich und was tut mir gut bzw. wo sind die wichtigsten Telefonnummern) und ruhig bleiben (an Lippenbremse, Bauchatmung, und die gelernten atemerleichternden Körperpositionen denken) – auch wenn es sicher für Außenstehende immer leichter gesagt ist, als es in der Ausnahmesituation tatsächlich ist. Aber eine gute Vorbereitung entlastet und reduziert den Stress.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch mit Michaela Frisch führte Ulrike Koller, Lungeninformationsdienst