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Experteninterview mit Prof. Dr. Heinrich Worth

Aktuell hat der Lungeninformationsdienst das Schwerpunktthema Bewegungstherapie und Lungensport gesetzt. Lesen Sie anknüpfend daran ein Interview mit dem Experten Prof. Dr. Heinrich Worth, dem Vorsitzenden der AG Lungensport in Deutschland e.V.

Sehr geehrter Herr Prof. Worth, was kann Bewegung allgemein bei Patienten mit Lungenerkrankungen leisten und für wen ist das sinnvoll?

Sport und Bewegungstherapie können dazu führen, dass bei Lungenpatienten die oft beobachtete Abwärtsspirale unterbrochen wird. Diese entsteht  durch vermehrte Atemnot infolge einer Lungenkrankheit wie Asthma oder COPD,  eine hierdurch verminderte körperliche Aktivität und  zunehmenden Konditionsmangel, was in der Folge bei manchen Betroffenen bis hin  zu sozialer Isolation führt. Die Bewegungstherapie verbessert zwar nicht  die Lungenfunktion, aber sie führt zu einer besseren Leistungsfähigkeit der Muskulatur, des Bewegungsapparates und des Herz-Kreislauf-Systems bei unverändert eingeschränkter Lungenfunktion. Das ermöglicht den betroffenen Patienten eine stärkere Aktivität im Alltag und eine höhere Lebensqualität.

In diesem Zusammenhang fällt auch oft der Begriff ‚Lungensport‘. Was hat es damit auf sich bzw. wie unterscheidet sich Lungensport von anderen Betätigungen?

Lungensport umfasst die gesamte Bewegungstherapie bei Patienten mit Atemwegs- und/oder Lungenerkrankungen – sowohl im ambulanten wie auch im stationären Bereich. Er hebt sich damit auch etwas ab vom Rehabilitationssport.

Stellen Sie sich vor, ein Patient war in einer Klinik und geht anschließend in eine Rehabilitationseinrichtung. Dort erhält er zwar ein gutes Trainingsprogramm, doch nach seiner Rückkehr in den Alltag beendet er die Bewegungstherapie – der positive Effekt wäre innerhalb kurzer Zeit wieder verschwunden!

Um das zu verhindern, sollte der Betroffene möglichst wohnortnah eine Möglichkeit finden, wo er Bewegungstherapie und Sport betreiben kann. Die einfachste Form ist dabei die sogenannte Lungensportgruppe, in der man einmal in der Woche mit gleichartig Erkrankten zusammenkommt. In der Regel umfassen solche Gruppen etwa 10- 15 Teilnehmer und werden von einem entsprechend  ausgebildeten Übungsleiter in einer Halle durchgeführt.

Ziele des Lungensports sind unter anderem das bewusste Wahrnehmen der Atmung, eine bessere Thoraxbeweglichkeit, eine Steigerung von Kraft Ausdauer und koordinativen Fähigkeiten mit dem Ergebnis einer besseren Belastbarkeit.

 

Werden die Angebote zum ambulanten Lungensport häufig genutzt und bezahlen das die Kassen?

Solche ambulanten Sportangebote gibt es leider nicht flächendeckend in Deutschland, sodass nicht alle Lungenpatienten auch einem solchen Angebot folgen können. Gerade im Osten Deutschlands existieren in der Fläche nicht überall wohnortnahe Lungensportgruppen.

Um die Suche zu erleichtern, haben wir in der Arbeitsgemeinschaft ‚Lungensport in Deutschland‘ um die 900 ambulante Gruppen registriert. Wahrscheinlich gibt es aber sogar wesentlich mehr. Patienten, die auf der Suche nach entsprechenden Angeboten sind, finden auf unserer Webseite ein Verzeichnis, was bei der Suche hilft: www.lungensport.org/lungensport-register.html  

Die Krankenkassen zahlen in der Regel fünf Euro pro Teilnehmer und Stunde – lokale Schwankungen sind aber möglich.

 

Was kann ich zuhause tun?

Es gibt eine Reihe von Dehnübungen für den Brustkorb und zudem einfache  Übungen zur Steigerung von Kraft und Ausdauer, die man auch in der Lungensportgruppe erlernt, die man natürlich zuhause auch fortsetzen sollte, das kann man nur empfehlen. Ideal ist sicherlich, beides zu kombinieren: die Übungen zuhause und die Teilnahme einmal pro Woche an der Lungensportgruppe.

 

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!   

 

 

Prof. Dr. med. Heinrich Worth ist Vorsitzender der AG Lungensport in Deutschland e.V. und zudem stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga e.V. Er ist Allergologe, Kardiologe und Pneumologe und befasst sich vor allem mit den Interaktionen zwischen  Lunge und Herz. Sein besonderes Interesse gilt zudem der Diagnostik und der nichtmedikamentösen Therapie von Asthma und COPD. Unter der Führung von Prof. Worth entstanden etwa die Patientenschulungsprogramme NASA (Nationales Asthma-Schulungsprogramm für erwachsene Asthmatiker) und COBRA (Ambulantes Schulungsprogramm für COPD-Patienten).

 

Weitere Informationen:

Der Lungeninformationsdienst hat wichtige Punkte zum Thema auf dem Factsheet „Lungensport“ zusammengetragen, was Sie hier zum Download finden. 

An dieser Stelle sei auch auf das 16. Patientenforum Lunge am 7. Dezember 2016 in München hingewiesen: Unter dem Motto „Chronisch lungenkrank - Was kann ich selbst tun?“ widmen sich die Expertenvorträge vor allem dem Umgang mit Asthma bronchiale und COPD. Nähere Informationen finden Sie hier.