Bewertung des individuellen Risikos durch SARS-CoV-2
Forschende der Universität Erlangen-Nürnberg und der Ludwig-Maximilians-Universität München haben ein Bewertungssystem entwickelt, das dabei helfen soll, die Einschätzung des individuellen Risikos für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung zu vereinheitlichen. Das Verfahren soll als konkrete Entscheidungshilfe im Praxisalltag dienen und wurde in erster Linie für die Anwendung im Arbeitsschutz entwickelt.
Das individuelle Risiko einer Patientin oder eines Patienten für einen schweren Krankheitsverlauf bei COVID-19 zu beurteilen, stellt hohe Anforderungen an Ärztinnen und Ärzte. Denn eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann sehr unterschiedlich verlaufen und hängt von individuellen Faktoren ab wie etwa Vorerkrankungen oder Alter. Das individuelle Risiko zu kennen ist gerade im Arbeitsumfeld wichtig, denn Betriebe und Unternehmen tragen eine Fürsorgepflicht für ihre Beschäftigten, insbesondere für jene, die einer Risikogruppe angehören. Bei erhöhter Infektionsgefährdung am Arbeitsplatz mit gleichzeitig hohem individuellem Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf muss daher gegebenenfalls überlegt werden, wo besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt werden können. Dabei soll das neu entwickelte standardisierte Bewertungssystem unterstützen.
Große Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Der sogenannte IKKA-Score setzt sich aus vier Kategorien zusammen, die nach einem überschaubaren Punktesystem bewertet werden:
- Immunsuppression,
- Krankheitsschwere bestehender Vorerkrankungen,
- Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) /Risikofaktoren nach Robert Koch-Institut (RKI)
- Alter
In jeder Kategorie werden — je nach Ausprägung der Risikofaktoren — Punkte vergeben. Anhand der Gesamtpunktezahl werden die Personen einer von vier Tätigkeitsgruppen zugeteilt, die wiederum Hinweise auf mögliche Einsatzmöglichkeiten enthalten. Dabei werden auch bereits vorliegende Empfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) berücksichtigt. Weitere Stärken des neuen Bewertungssystems seien, dass es die Risikobeurteilung vereinheitlicht, gleichzeitig übersichtlich sei und mit geringem Zeitaufwand durchgeführt werden könne, betonen die Forschenden. Bislang habe es keine einheitliche Vorgehensweise bei der individuellen Risikobestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegeben.
Das neue System soll einen Beitrag zum Schutz von sensiblen Gruppen am Arbeitsplatz leisten. Es biete zudem die Chance großer Transparenz und Nachvollziehbarkeit sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Patientinnen und Patienten beziehungsweise Beschäftigte und Unternehmen. So könne es zu mehr Verständnis, Akzeptanz und Kooperation auf allen Seiten beitragen, so die Hoffnung der Forschenden.
Quellen:
Wolfschmidt, A. et al.: Zur Diskussion gestellt: IKKA-Score zur Vereinheitlichung der Beurteilung des individuellen Risikos durch SARS-CoV-2. ASU Zeitschrift für medizinische Prävention, 20.10.2020
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.: Neues Score-System zur Einschätzung des individuellen Risikos für einen schweren Krankheitsverlauf bei COVID-19. Pressemeldung vom 27.10.2020