Bei nur wenigen Krankheiten der Inneren Medizin gab es in den letzten Jahren so große Fortschritte wie bei der Suche nach den Krankheitsmechanismen und der Behandlung von Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie, PH). Die bisher eingesetzten gefäßerweiternden und wachstumshemmenden Medikamente stellen eine klare Verbesserung in der Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) dar. Sie bieten den Patienten eine deutliche Erleichterung ihrer Beschwerden und verbessern die Leistungsfähigkeit. Dennoch: Dies sind nur Linderungen der Beschwerden, eine wirkliche Heilung von Lungenhochdruck ist bislang noch nicht möglich.
Zahlreiche Forschungsansätze zielen darauf ab, die Ursachen des pulmonalen Hochdrucks besser zu verstehen und noch effektivere Behandlungsstrategien dagegen zu entwickeln. So sollen in Zukunft zum Beispiel Tiermodelle für die unterschiedlichen Formen der PH etabliert werden, mit denen sich die Erkrankungsmechanismen im Detail untersuchen lassen. Sie könnten als Basis zur Entwicklung neuartiger Medikamente dienen. Für solche Analysen sollen auch transgene Mausstämme gezüchtet und die neuesten molekularbiologischen Verfahren, wie etwa siRNA- und Inhibitor-Studien, eingesetzt werden.
Mit Hilfe von Patientenkollektiven und Biobanken wollen Wissenschaftler die Unterschiede zwischen Erkrankten und Gesunden auf genetischer, metabolischer (Stoffwechsel) und Protein-Ebene untersuchen. Sie hoffen, so Schlüsselmoleküle für neue therapeutische Ansatzpunkte, zum Beispiel bestimmte Transkriptions- und Wachstumsfaktoren, zu entdecken.
Bereits bekannte und neue potentielle Wirkstoffe sollen in vorklinischen und klinischen Studien auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Ferner sucht die Forschung nach neuen Wegen solche Arzneistoffe möglichst zielgenau in hohen Konzentrationen an den Ort ihrer Wirkung zu transportieren, etwa in Form von Aerosolen.
Hoffnung wecken erste Versuche mit der Wirkstoffgruppe der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI), die das ungesteuerte Zellwachstum in den Lungengefäßen hemmen und möglicherweise sogar rückgängig machen können. Dem liegen Parallelen zwischen Krebserkrankungen und dem ungehemmten Zellwachstum bei Lungenhochdruck zugrunde. Mit dieser Wirkstoffgruppe gibt es experimentelle Daten und klinische Frühphase-Ergebnisse.
Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass Imatinib, ein Wachstumsfaktorhemmstoff, das Gefäßwachstum eindämmt. Bei PH-Betroffenen sinkt dadurch der Lungenwiderstand und das Herzvolumen steigt an. Im Vergleich zum Placebo besserte sich nach 24 Wochen die körperliche Belastbarkeit von Patienten mit PAH deutlich. Die zurückgelegte Distanz im Sechs-Minuten-Gehtest erhöhte sich durchschnittlich um 32 Meter im Vergleich zur Placebo-Gruppe (383 m versus 351 m). Vermutlich hemmt der Wirkstoff das unkontrollierte Wachstum der glatten, arteriellen Muskelzellen. Aufgrund des Nebenwirkungsprofils wurde die klinische Weiterentwicklung pausiert, es finden aber weitere Untersuchungen statt, um Patienten zu identifizieren, die auf dieses Medikament besonders gut ansprechen (Responder).
Medikamente zur Behandlung von pulmonalem arteriellem Lungenhochdruck (PAH) werden nicht empfohlen, wenn sich der Lungenhochdruck aufgrund einer anderen Vorerkrankung der Lunge entwickelt hat. Es existieren keine Studien, die deren Sicherheit und Wirksamkeit für PH-Patienten mit Lungenkrankheiten hinreichend belegen.
Substanzen, die gefäßerweiternd wirken, können gegebenenfalls bei Lungenkrankheiten zu einer Verschlechterung des Gasaustausches führen. Bei einigen wenigen COPD-Patienten, die unter unverhältnismäßig starkem Lungenhochdruck leiden, (pulmonaler Mitteldruck gleich oder über 40 mm Hg), werden zum Teil „PAH-Medikamente“ unter strenger Kontrolle des Gasaustausches eingesetzt. Vorrangiges Therapieziel ist es, die Grundkrankheit möglichst gut zu behandeln. Das gilt auch für eine pulmonale Hypertonie bei chronischer Linksherzinsuffizienz. Hier muss die Linksherzinsuffizienz optimal therapiert werden.
Für Betroffene mit chronisch-thromboembolischem Lungenhochdruck (CTEPH) wird die pulmonale Endarterektomie als derzeit beste therapeutische Option empfohlen. Diese gefäßchirurgische Beseitigung atheriosklerotischer Verengungen durch eine „Ausschälung“ der Lungenarterien ist allerdings mit Operationsrisiken verbunden.
Die Gefäßwand von Lungenarterien erneuert sich laufend. Normalerweise sorgt ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren dafür, dass das Verhältnis zwischen sich teilenden und absterbenden Zellen ausgeglichen bleibt. Bei der Entwicklung von Lungenhochdruck gerät dieses Zusammenspiel aus bisher unbekannten Gründen aus dem Gleichgewicht.
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Lungenforschung haben dafür ein Schlüsselmolekül gefunden: Der für die Zellteilung wichtige Transkriptionsfaktor FoxO1 ist bei Lungenhochdruckpatienten in seiner Aktivität deutlich reduziert. Wenn es gelänge, die Aktivität von FoxO1 durch einen genetischen oder pharmakologischen Eingriff zu erhöhen, ließe sich die krankhafte Zellteilung in den Lungengefäßwänden normalisieren. Im Tiermodell gibt es dazu bereits vielversprechende Erfolge. Weitere Studien sind aber nötig, bevor eine Therapie für PH-Patienten in sichtbare Nähe kommt. Gegenwärtig erfolgen Versuche mit dem FoxO1 Aktivator Paclitaxel, die eine klinische Entwicklung ermöglichen sollen.
Einer britischen Untersuchung zufolge sollten klinische Studien auch den Parameter Lebensqualität in ihre Untersuchungen mit einbeziehen. Betroffene mit pulmonaler Hypertonie erhoffen sich als wichtigstes Therapieziel eine Verbesserung ihrer Lebensqualität. Mehr als die Hälfte der Probanden in der britischen Untersuchung hatte infolge der Erkrankung Beschäftigung oder Ausbildung aufgegeben.
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Letzte Aktualisierung: |
14.06.2018 |