Long COVID: Corona-Virus kann Gehirn dauerhaft beeinträchtigen
Das sogenannte Spike-Protein des Corona-Virus SARS-CoV-2 verbleibt nach einer Infektion im Gehirn. Chronische Entzündungen des zentralen Nervensystems mit entsprechenden anhaltenden Symptomen im Rahmen von Long COVID können die Folge sein.
Forschende von Helmholtz Munich und der Ludwig-Maximilians-Universität München konnten bisher nicht feststellbare Ablagerungen des Spike-Proteins in Gewebeproben von Menschen und Mäusen nachweisen. Dazu nutzten sie eine neuartige, KI-gestützte Bildgebungstechnik. Diese macht Organe und Gewebeproben transparent und ermöglicht eine dreidimensionale Darstellung unter anderem von Zellstrukturen, Stoffwechselprodukten und viralen Proteinen.
Virus-Proteine bleiben im Kopf
Die Forschenden konnten im Knochenmark des Schädels und in den Hirnhäuten statistisch eindeutig (signifikant) erhöhte Konzentrationen des Spike-Proteins nachweisen – sogar noch Jahre nach der Infektion. Im Knochenmark und in den Hirnhäuten kommen vermehrt sogenannte ACE2-Rezeptoren vor, an die sich das Spike-Protein bindet.
Möglicher Zusammenhang mit Gehirnalterung
Die Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass diese Ansammlungen des Spike-Proteins zu den langfristigen Effekten von COVID-19 auf das Nervensystem und Long COVID beitragen können. Zu diesen Wirkungen zählt zum Beispiel eine beschleunigte Gehirnalterung, die laut den Forschenden zu einer Einbuße von fünf bis zehn Jahren gesunder Hirnfunktion führen kann.
Die Forschenden stellten außerdem fest, dass der mRNA-basierte Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn deutlich reduzieren konnte. Andere Corona-Impfstoffe wurden nicht untersucht.
Long-COVID – mehr als ein persönliches Gesundheitsproblem
Dem Forschungsteam zufolge haben sich 50 bis 60 Prozent der Weltbevölkerung mit COVID-19 angesteckt. Davon entwickeln laut den Studienautoren fünf bis zehn Prozent Long COVID. Dies entspricht rund 400 Millionen Menschen. Die Wissenschaftler:innen sehen Long COVID dadurch als eine gesellschaftliche Herausforderung.
Die Forschenden hoffen, mit ihren Studienergebnissen einen Beitrag für neue Möglichkeiten zur Diagnose und Behandlung von Long COVID leisten zu können. Weitere Studien sind jedoch notwendig, um die Relevanz der Ergebnisse zu bestätigen.
Quellen
- Helmholtz Munich: Long COVID: Ansammlung des SARS-CoV-2-Spike-Proteins mit dauerhaften Auswirkungen auf das Gehirn verbunden. Meldung vom 29.11.2024
- Rong, Z. et al.: Persistence of spike protein at the skull-meninges-brain axis may contribute to the neurological sequelae of COVID-19. In: Cell Host & Microbe 2024, doi: 10.1016/j.chom.2024.11.007