Lungenödem: Das bedeutet „Wasser in der Lunge“
Ein Lungenödem (pulmonales Ödem) beschreibt eine krankhafte Flüssigkeitsansammlung in der Lunge.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. István Vadász, Universitätsklinikum Gießen
Ein Lungenödem (pulmonales Ödem) beschreibt eine krankhafte Flüssigkeitsansammlung in der Lunge.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. István Vadász, Universitätsklinikum Gießen
"Wasser in der Lunge" ist Blutplasma
Bei der Flüssigkeit handelt es sich um Blutplasma. Es kann in das Lungenzwischengewebe und auch in die Lungenbläschen eindringen. Dies hat zur Folge, dass der Körper nicht mehr ausreichend Sauerstoff aufnimmt und Kohlendioxid abgibt – ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand.
Das Blutplasma stammt aus den kleinen Blutgefäßen (Kapillaren), die ein fein verästeltes Netz rund um die Lungenbläschen (Alveolen) bilden. Hier findet in einer gesunden Lunge der Gasaustausch statt.
Der Gasaustausch – kurz und knapp
Gasaustausch bedeutet:
- Das Herz pumpt über den Lungenkreislauf sauerstoffarmes („verbrauchtes“) Blut in die Lunge und ihre Kapillaren.
- Durch die extrem dünnen Gefäßwände wandert Kohlendioxid aus dem Blut in die Lungenbläschen und durch sie in die Atemluft.
- Gleichzeitig bindet sich Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft an die roten Blutkörperchen. Diese transportieren den Sauerstoff zunächst zurück zum Herzen und dann über den großen Blutkreislauf durch den gesamten Körper.
Gestörter Gasaustausch
Bei einem Lungenödem ist der Gasaustausch behindert. Unterscheiden lassen sich dabei zwei Stadien:
- Interstitielles Lungenödem, bei dem Flüssigkeit ins bindegewebige Stützgewebe der Lunge sickert
- Alveoläres Lungenödem, bei dem die Flüssigkeit direkt in die Lungenbläschen eindringt
Ein interstitielles Lungenödem kann unbehandelt rasch in ein alveoläres übergehen. Durch den eingeschränkten Gasaustausch gelangt immer weniger lebensnotwendiger Sauerstoff ins Blut. Die Betroffenen verspüren Atemnot, oft begleitet von Hustenanfällen und starken Ängsten. Ein solches Lungenödem ist ein medizinischer Notfall, der eine rasche ärztliche Behandlung erfordert.
Lungenödem: Typische Symptome
Ein Lungenödem beziehungsweise „Wasser in der Lunge“ kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen:
- Atemnot und beschleunigte Atmung
- Husten, teils anfallsartig und mit schaumigem Auswurf
- Blasse Haut und blaugefärbte Schleimhäute (z. B. bläuliche Lippen)
- Unruhe bis hin zu starken Ängsten
Je nach Stadium sind die Symptome bei einem Lungenödem unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein langsam entstehendes interstitielles Lungenödem fällt manchmal nur durch eine beschleunigte Atmung, Husten und ein verschärftes Atemgeräusch auf. Im fortgeschrittenen Stadium haben die Betroffenen spürbare Atemnot und eine rasselnde Atmung.
Lungenödem: Ursache meist nicht die Lunge selbst
Wenn sich „Wasser in der Lunge“ sammelt, kann dies unterschiedliche Ursachen haben. In den meisten Fällen liegt diese nicht in der Lunge, sondern im Herzen. Dann sprechen Fachleute von einem kardialen Lungenödem. Andere mögliche Ursachen fassen sie unter dem Überbegriff des nicht-kardialen Lungenödems zusammen.
Kardiales Lungenödem
Typisch bei einem kardialen Lungenödem ist, dass der Druck in den Gefäßen des Lungenkreislaufs steigt – und zwar so sehr, dass der flüssige Anteil des Bluts (Plasma) aus den kleinen Gefäßen rund um die Lungenbläschen austritt. Oft arbeitet die linke Herzkammer nicht mehr richtig (Linksherzinsuffizienz). Sie ist dafür zuständig, das sauerstoffreiche Blut aus dem Lungenkreislauf in den Körper zu pumpen. Wenn das nicht gelingt, staut sich das Blut vor der linken Herzkammer zurück in den Lungenkreislauf. Dieses Linksherzversagen kann entweder allmählich oder ganz plötzlich entstehen. Bestimmte Erkrankungen können dies verursachen oder begünstigen, zum Beispiel:
- Herzinfarkt
- Herzmuskelentzündung
- Herzrhythmusstörungen
- Plötzlicher starker Bluthochdruck (hypertensive Krise)
- Bestimmte Herzklappenfehler, etwa eine Verengung (Stenose) der Mitral- oder Aortenklappe
Nicht-kardiales Lungenödem
Das nicht-kardiale Lungenödem ist ein Überbegriff für alle Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge, die nicht durch ein Problem im Bereich des Herzens bedingt sind. Dazu gehören zum Beispiel Zustände, in denen sich der osmotische Druck rund um die Gefäße ändert. Unter osmotischem Druck versteht man den Druck, der zwischen Flüssigkeiten herrscht, die durch eine halbdurchlässige Membran getrennt sind.
Mögliche Ursachen für diese osmotischen Veränderungen sind zum Beispiel:
- Nierenerkrankungen beziehungsweise Nierenversagen (nephrotisches Syndrom)
- Übermäßige Flüssigkeitszufuhr per Infusion
- Hungerzustände mit starkem Eiweißmangel
Lungenödem bei akutem Lungenversagen
Ein Lungenödem entsteht manchmal auch, wenn die Kapillaren, Lungenbläschen und/oder andere Lungenstrukturen direkt geschädigt sind. Dann spricht man von einem akuten Lungenversagen, fachsprachlich ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome). Mögliche Auslöser dafür sind unter anderem:
- eine schwere Lungenentzündung
- eine Blutvergiftung (Sepsis)
- eine überschießende allergische Reaktion (anaphylaktischer Schock)
- das Einatmen giftiger Gase und Dämpfe
Lungenödem durch Höhenkrankheit
Ein Sonderfall ist das Lungenödem durch Höhenkrankheit (High Altitude Pulmonary Edema, kurz HAPE): Durch den niedrigen Sauerstoffdruck beim Bergsteigen in Höhen über 2.500 Metern steigt der Druck in den Arterien des Lungenkreislaufs stark an und die kleinen Kapillaren nehmen Schaden. Das HAPE tritt oft – aber nicht immer – zusammen mit anderen Symptomen der Höhenkrankheit wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Ödemen in anderen Körperbereichen auf.
Lungenödem-Ursachen im zentralen Nervensystem
In seltenen Fällen kommen auch Ursachen im Bereich von Gehirn und Nervensystem infrage (neurogenes Lungenödem), wenn der Druck im Schädel steigt. Dies kann etwa bei einer Hirnblutung durch ein gerissenes Gefäß, ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen schweren epileptischen Anfall geschehen.
„Wasser in der Lunge“: Was tun?
Bei Verdacht auf ein Lungenödem empfiehlt sich immer eine möglichst schnelle ärztliche Abklärung.
Ärzt:innen erkennen ein Lungenödem meist bereits an der Kombination aus
- der Krankengeschichte,
- den Symptomen und
- typischen Atemgeräuschen beim Abhören der Lunge (Auskultation).
Klarheit liefert eine Röntgenaufnahme des Oberkörpers, welche das „Wasser in der Lunge“ und seine Verteilung sichtbar macht.
Behandlung des Lungenödems
Bei einem Lungenödem kommt eine Reihe von Maßnahmen zum Einsatz, welche die Lunge akut entlasten und die Sauerstoffversorgung verbessern sollen. Dazu gehört eine Sauerstoffzufuhr, zum Beispiel über eine Nasensonde oder eine Atemmaske. Manchmal bietet sich auch eine Maskenbeatmung an, bei der ein Überdruck erzeugt wird; in schweren Fällen eine invasive, maschinelle Beatmung mit einem Tubus auf der Intensivstation.
Zu den akuten Maßnahmen gehören auch Entwässerungsmittel (Diuretika), oft in Kombination mit Nitraten. Diese Medikamente sollen den Druck im Lungenkreislauf senken. Bei Angst und Panik erhalten die Betroffenen über einen Venenzugang auch ein Beruhigungsmittel.
Behandlung der Lungenödem-Ursachen
Parallel behandelt das ärztliche Team die Ursachen des Lungenödems, zum Beispiel mit
- blutdrucksenkenden Medikamenten bei akuter Herzschwäche,
- Gerinnungshemmern und einer Herzkatheter-Behandlung bei einem Herzinfarkt,
- Cortison-ähnlichen Präparaten (Corticosteroiden) bei einem allergischen oder durch Giftstoffe ausgelösten Lungenödem,
- Antibiotika bei einer Blutvergiftung (Sepsis).
Wie steht bei „Wasser in der Lunge“ die Überlebenschance?
Pauschal lässt sich keine klare Prognose zu den Überlebenschancen bei einem Lungenödem geben. Diese hängt zum Beispiel davon ab,
- in welchem Stadium sich das Lungenödem befindet,
- wie schnell es fortschreitet und
- ob es rechtzeitig entdeckt und behandelt wird.
Dazu kommt, dass hinter einer Flüssigkeitsansammlung in der Lunge ursächlich meist schwerwiegende Erkrankungen wie ein Herzversagen, ein Lungenversagen oder eine Sepsis stehen. Auch das Alter und der gesundheitliche Grundzustand der betroffenen Person spielt eine Rolle.
Quellen
- Al-Dhahir, M.A. et al.: Neurogenic Pulmonary Edema. In: StatPearls Publishing, Stand 07/2023
- Herold, G. 2022: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln
- Larsen, R.: Physiologie der Atmung. Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege. 2016 Jun 14:696–708
- Malek, R. et al.: Pulmonary Edema. In: StatPearls Publishing, Stand 04/2023
- Paralikar, S.J.: High altitude pulmonary edema-clinical features, pathophysiology, prevention and treatment. In: Indian J Occup Environ Med. 2012 May;16(2):59-62
- Platz, E. et al.: Assessment and prevalence of pulmonary oedema in contemporary acute heart failure trials: a systematic review. Eur J Heart Fail 2015; 17: 906–916
- Pschyrembel Online: Lungenödem. Stand 11/22
- Walmrath, D. et al.: Lungenödem und akutes respiratorisches Distress-Syndrom. In: Matthys H., Seeger W.: Klinische Pneumologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2013
- Weigand, M. A. et al. (Hrsg.) 2021: Intensivmedizin compact. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart
Letzte Aktualisierung: 28.01.2025