Kann ein Blutwert den Schweregrad von Lungenentzündungen vorhersagen?
Von harmlos bis lebensbedrohlich – wie eine Atemwegsinfektion verläuft, lässt sich bislang nicht frühzeitig vorhersagen. Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) haben herausgefunden, dass Eosinophile im Blut einen Hinweis auf einen schweren Krankheitsverlauf geben könnten.
Das Forschungsteam analysierte die Daten von 6.748 Erwachsenen mit Lungenentzündung, die zwischen 2009 und 2020 an einer von fünf Universitätskliniken behandelt wurden. Die Betroffenen wurden in zwei Gruppen unterteilt:
- niedrige Eosinophilen-Anzahl im Blut (≤50/µL)
- höhere Eosinophilen-Anzahl im Blut (>50/µL)
Eosinophile sind eine Untergruppe von weißen Blutkörperchen. Sie sind Teil des Immunsystems und unter anderem an der Bekämpfung von Parasiten und bestimmter Infektionen beteiligt.
Anschließend verglichen die Forschenden die beiden Gruppen nach
- Sterblichkeit
- Notwendigkeit einer Beatmung
- Risiko einer Sepsis („Blutvergiftung“)
- Dauer des Krankenhausaufenthalts
- bei schweren Fällen mit Todesfolge bis zum Tod im Krankenhaus verbrachte Zeit
Niedrige Eosinophilen-Anzahl ist mit schwererem Krankheitsverlauf verbunden
Die Forschenden entdeckten: Eine niedrige Eosinophilen-Anzahl (sogenannte Eosinopenie) ist bei außerhalb des Krankenhauses (ambulant) erworbenen Lungenentzündungen mit schwereren Infektionen und einer höheren Sterblichkeit verbunden.
Betroffene verstarben statistisch eindeutig (signifikant) häufiger im Krankenhaus, mussten häufiger beatmet werden und hatten ein erhöhtes Risiko, dass sich die Erreger über das Blut im Körper ausbreiteten (Sepsis). Die Patient:innen mit geringer Eosinophilen-Anzahl, die sich wieder von der Krankheit erholten, blieben insgesamt länger im Krankenhaus. Verstarben sie hingegen, geschah dies schneller als bei Personen ohne Eosinopenie.
Biomarker könnten helfen, Sterblichkeit durch Lungenentzündung zu senken
Atemwegsinfektionen wie die ambulant erworbene Lungenentzündung gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Ein Biomarker – also ein einfach zu erhebender Wert, der für schwere Verläufe charakteristisch ist – könnte helfen, Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf zu erkennen. Dadurch wäre es möglich, die betroffenen Personen entsprechend engmaschig zu überwachen, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und das Sterberisiko zu senken.
Bis die Eosinophilen-Anzahl in der Praxis als Vorhersage-Instrument für den Krankheitsverlauf eingesetzt werden könnte, ist aber noch weitere Forschung nötig. Die Ergebnisse müssen in weiteren Studien bestätigt und die genauen Mechanismen zum Zusammenhang zwischen der Eosinophilen-Anzahl und dem Krankheitsverlauf der ambulant erworbenen Lungenentzündung ergründet werden.
Quellen
- Deutsches Zentrum für Lungenforschung: Eosinophilenanzahl als Biomarker für den Schweregrad bei Lungenentzündungen. Meldung vom 24. Juli 2024
- Weckler, B. C. et al.: Eosinopenia as Predictor of Disease Severity in Patients With Community-Acquired Pneumonia. An Observational Study. In: Chest Infections. Doi: 10.1016/j.chest.2024.05.041