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Bacteria, human microbiome
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Nachlese: Online-Seminar „Mikroben als Schlüssel für unsere Gesundheit“

Wie Mikrobiome in den Atemwegen und im Darm vor Allergien und Atemwegserkrankungen schützen

Online-Seminar mit Expert:innen aus Lungen- und Allergieforschung im Rahmen des 63. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin am Mittwoch, 29. März 2023, 16.30 - 18.00 Uhr

In Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Online-Seminar mit Expert:innen aus Lungen- und Allergieforschung im Rahmen des 63. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin am Mittwoch, 29. März 2023, 16.30 - 18.00

In Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)

Mehr Mikroben als Zellen

„Das Mikrobiom ist das zweite Genom des Menschen!“ Mit diesem Satz eröffnete Prof. Michael Schloter den sehr gut besuchten Online-Vortrag. Der Leiter des Instituts für vergleichende Mikrobiom-Analysen von Helmholtz Munich berichtete über erstaunliche Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung: Jeder Mensch hat in der Summe mehr Kleinstorganismen in oder an Organen wie Darm, Lunge, Haut, Mund und Nase als er Körperzellen hat. Und jeder Mensch hat seinen eigenen „Cocktail“, einen spezifischen Mix aus Mikroorganismen, der bei der Abwehr von Erregern hilft. Stimmt der Mix nicht, können wir krank werden. Lungenkrankheiten, Allergien, Diabetes, Adipositas – all diese Erkrankungen werden von Forschenden mit einem gestörten Mikrobiom in Verbindung gebracht.

Mikrobielle Vielfalt – Allergie-Karriere gleich zu Beginn stoppen

Am Beispiel von Allergien erklärte Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin des Instituts für Umweltmedizin (Helmholtz Munich) und Chefärztin an der Ambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg, wie wichtig die Vielfalt unseres Mikrobioms ist, beginnend mit der Haut. Ist sie entzündet, stimmt die Zusammensetzung der Mikroorganismen nicht: „Dann fehlt dieser Strauß an Blumen, die bunte Wiese, die Diversität im Mikrobiom der Haut.“ Was zum sogenannten ‚Atopischen Marsch‘ führen kann, erklärte Traidl-Hoffmann: „Ausgehend zum Beispiel von einer Neurodermitis der Haut kann sich ein Etagenwechsel hin zu weiteren Allergien und bis hin zu schwerem Asthma entwickeln“.

Die gute Nachricht: Die Forschenden von Helmholtz Munich haben auch herausgefunden, dass sich die mikrobielle Vielfalt erholen beziehungsweise wiederherstellen kann. Eine Störung im Mikrobiom (Dysbiose) bereits zu Beginn zu stoppen, heißt also auch, die „Karriere“ weiterer Allergien oder Entzündungen zu stoppen.

Wie das Mikrobiom reift – Babys brauchen die Vielfalt im Darm

Die Direktorin des Instituts für Allergie- und Asthmaprävention (Helmholtz Munich), Prof. Erika von Mutius gab zum Abschluss des Seminars einen Einblick in die von ihr entdeckte „Bauernhof-Hypothese“. Demnach sind Kinder vor Asthma geschützt, die umgeben von Tieren, Stroh, Heu aufwachsen – einer riesigen Vielfalt an Bakterien und Pilzen also.

Erika von Mutius appellierte an Eltern, ihren Kindern die Entwicklung eines vielfältigen Mikrobioms vor allem im Darm zu ermöglichen. Diese Reifung beginnt schon im Alter von zwei Jahren. Rauchen in der Schwangerschaft oder ein zu später Beikost-Start behindere diese Reifung. Auch sie hatte eine plastische Beschreibung parat: „Stellen Sie sich das Mikrobiom vor wie eine Gemüsesuppe, eine Minestrone. Die schmeckt ja auch nicht nur nach Paprika, weil eben nicht nur Paprika drin ist, sondern viele andere Zutaten.“

Antworten auf die wichtigsten Fragen

Die drei Expert:innen beantworteten anschließend viele Fragen der Teilnehmenden. Ihre wichtigsten Antworten zusammengefasst:

  • Gesunde, vielfältige Ernährung ist die Basis für ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom.
  • Mütter sollten ihre Kinder nicht zu lange ausschließlich stillen. Spätestens nach sechs Monaten sollte eine ausgewogene, vielfältige Beikost gegeben werden, damit das Mikrobiom im Darm reifen kann.
  • Haustiere, Geschwister, Infektionen von Kindern, das „Alles-in-den-Mund-Nehmen“ von Säuglingen – das alles trägt zur Entwicklung eines artenreichen Mikrobioms bei.
  • Dass das Mikrobiom „künstlich“ aufgepeppt werden kann, etwa durch Nahrungsergänzungsmittel oder Probiotika – dafür sehen die Forschenden kaum einen oder keinen wissenschaftlichen Nachweis.

Insgesamt zeigte sich: Das Mikrobiom ist ein neues, spannendes Forschungsgebiet, bei dem aber noch viele Fragen offen sind.

Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Fragen und Antworten aus dem Online-Seminar.