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COPD: Cortison-Spray und Infektionen der Lunge

Inhalative Kortikosteroide (Cortison) erhöhen das Risiko für eine Lungenentzündung bei COPD. Eine in ‚Nature Communications‘ veröffentlichte Studie zeigt jetzt, wie es dazu kommen könnte: Im Versuchsmodell beeinflusste das Cortison Fluticason die Immunantwort negativ und verhinderte den schnellen Abbau der Erreger. Die Gabe von Interferon-Beta könnte dem womöglich entgegenwirken.

Inhalative Kortikosteroide (ICS)  in Form von Cortison-Sprays werden bei  fortgeschrittener COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) zur Behandlung akuter Exazerbationen eingesetzt und auch in der Asthma-Therapie finden sie Verwendung. Studien zeigen jedoch auch negative Effekte des Cortisons auf die antivirale Immunabwehr. So entwickelten COPD-Betroffene unter Anwendung bestimmter Glukokortikoide häufiger eine Lungenentzündung (Pneumonie). Welche Mechanismen dem zugrunde liegen, ist bisher kaum untersucht. Englische und australische Forschende haben sich dieser Frage nun in einer aktuellen Studie angenommen.

Geschwächte Immunabwehr und mehr Schleim in der Lunge

Im Versuchsmodell untersuchten sie die Auswirkungen einer Cortison-Behandlung mit Fluticason bei bestehender COPD-Exazerbation, ausgelöst durch eine RS-Virus-Infektion. Ihr Ergebnis: Fluticason schwächte die Immunantwort gegen die Virusinfektion, sodass die Krankheitserreger nur langsam abgebaut werden können. Außerdem steigerte es die Produktion von Schleim in der Lunge. So sammelten sich immer mehr Bakterien in der Lunge. Langfristig könnte dadurch das Risiko für weitere Infekte, zum Beispiel mit Pneumonie-Erregern steigen. In Zellen von COPD-Patienten bestätigten die Forschenden ihre Ergebnisse.

Einblick in die molekularen Mechanismen

Neben den allgemeinen Auswirkungen der Cortison-Behandlung erhielten die Autoren außerdem einen genaueren Einblick in die molekularen Zusammenhänge. Über einige Zwischenschritte verhinderte Fluticason die Produktion von Interferon-Beta, einem wichtigen Stoff des Immunsystems zur Abwehr von Viren. Diese Erkenntnis könnte auch der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden nutzen. Denkbar wäre eine zusätzliche Gabe von Interferon-Beta, die die negativen Auswirkungen des Cortison-Sprays abmildert. In klinischen Studien mit Asthma-Patienten, die ICS einnahmen und eine Erkältung entwickelten, hatte dieser Ansatz bereits Erfolg. Und auch in der aktuellen Studie zeigte Interferon-Beta positive Effekte.

Auch wenn ICS das Risiko für Lungenentzündungen erhöhen, überwiegen nach Ansicht der Autoren trotz allem die Vorteile der Behandlung bei akuten Exazerbationen. Denn diese können das Voranschreiten der COPD beschleunigen. Durch ihre Erkenntnisse zu den molekularen Mechanismen der ICS-Therapie könnten in Zukunft aber neue selektivere Cortison-Präparate entwickelt werden, die weniger Nebenwirkungen auf die Immunantwort und die Schleimproduktion in der Lunge zeigen, und so eine effektivere Behandlung von COPD-Exazerbationen ermöglichen.

Quellen:

Singanayagam, A. et al.: Corticosteroid suppression of antiviral immunity increases bacterial loads and mucus production in COPD exacerbations. In: Nature Communications, online publiziert am 8. Juni 2018

University of Newscastle: Research highlights need for a new approach to COPD management. Pressemeldung vom 14. Juni 2018