Bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) wird das Protein (Eiweißstoff) Alpha-1-Antitrypsin (AAT) durch einen genetischen Defekt auf Chromosom 14 nicht mehr oder nicht in ausreichender Menge hergestellt. Die seltene Stoffwechselerkrankung ist vererbbar, kann also von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden.
Alpha-1-Antitrypsin wird hauptsächlich in der Leber gebildet und von dort in die Blutbahn abgegeben. Besonders in der Lunge spielt der Eiweißstoff eine wichtige Rolle, denn dort inaktiviert es sogenannte Proteasen. Dies sind Enzyme, die Eiweißmoleküle spalten und abbauen. Bei entzündlichen Prozessen und chronischen Reizzuständen werden sie vermehrt produziert.
Fehlt Alpha-1-Antitrypsin, werden die Enzyme nicht mehr ausreichen inaktiviert und es kommt zu einer ungehemmten und überschießenden Aktivität der Proteasen. In Folge wird das Lungengewebe immer mehr geschädigt.
Besonders zwei Schädigungen zeigen sich durch einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel:
Beschwerden der Lunge treten meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf, die Störungen der Leber können sich jedoch schon wesentlich früher – auch im Kindes- und Jugendalter – zeigen. Typisch ist eine Gelbfärbung der Haut bei Neugeborenen (sog. neonataler Ikterus), die meistens aber nur vorübergehend ist. Allgemein lässt sich sagen, dass durch einen AAT-Mangel verursachte Lebererkrankungen seltener und auch meist nicht so ausgeprägt sind wie die Erkrankungen der Lunge.
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine sogenannte autosomal rezessiv vererbbare Erkrankung. Das heißt, nur wenn die geerbten Genvarianten von beiden Elternteilen einen Defekt aufweisen, zeigen sich AATM-Symptome.
Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel entsteht durch Veränderungen (Mutationen) im sogenannten Serpina1-Gen (Serin-Protease-Inhibitor) auf Chromosom 14. Inzwischen sind mehr als 100 verschiedene Mutationen bekannt, darunter auch viele seltene Mutationen, die die Funktion von Alpha-1-Antitrypsin beeinträchtigen und zu unterschiedlichen Schweregraden der Erkrankung führen können.
Die Bennenung der verschiedenen Typen des AAT-Mangels ist recht kompliziert und richtet sich nach der genetischen Variante.
Die gesunde Variante des Gens wird als M bezeichnet, die verschiedenen Mutationstypen mit Buchstaben von A bis Z und Null (0). Bei der Bezeichnung des genetischen Typs wird die Abkürzung PI für Proteinase-Inhibitor vorangestellt, die beiden folgenden Großbuchstaben geben den Zustand der beiden Genkopien an. Gesunde Personen mit zwei korrekten Genkopien gehören also zum Typ PI*MM.
Die meisten seltenen Mutationen haben zusätzlich zu dem Buchstaben noch einen Namen, der sich nach dem Geburtsort des Patienten/der Patientin oder nach dem Ort beziehungsweise dem Institut richtet, wo die Mutation als erstes entdeckt wurde, z.B. Pi* MWürzburg, Pi*LOffenbach. Darüber hinaus gibt einige sehr seltene Mutationen, die bis jetzt nur einmal entdeckt wurden.
Das Deutsche Alpha-1-Register erfasst AAT-Mangel-Patientinnen und Patienten in Deutschland.
Regelmäßig werden die Teilnehmenden befragt und zu Kontrolluntersuchungen eingeladen. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, den Langzeitverlauf der Krankheit beurteilen zu können, Verlaufsformen zu dokumentieren und die Versorgung und Therapie entsprechend anzupassen.
PD Dr. med. Timm Greulich und Dipl.-Biol. Martina Veith, Universitätsklinikum Marburg, Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL)
Letzte Aktualisierung: 30.11.2020
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