Die Erforschung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) verläuft parallel auf zwei Ebenen: Zum einen wollen Forschende die Krankheits-Entstehung besser verstehen. Dazu entschlüsseln sie die Krankheitsmechanismen auf molekularer Ebene. Gleichzeitig nutzen sie diese Erkenntnisse, um daraus neue Ansatzpunkte für eine mögliche Therapie abzuleiten. Mit einigen auf diese Weise gefundenen Wirkstoffen laufen bereits klinische Studien.
Das weltweit größte Register für IPF, das INSIGHTS-IPF Register wird unter Federführung des Comprehensive Pneumology Centers München in Deutschland betrieben.
An 19 Zentren werden dabei Daten von derzeit über 1000 IPF Betroffenen gesammelt. Ziel ist es, aktuelle Befunde zur Diagnostik, Therapie und zu den Ergebnissen der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) in der täglichen Praxis über einen langen Zeitraum hinweg zu dokumentieren. Die Daten sollen Aufschluss darüber geben, wie Betroffene mit IPF im klinischen Alltag tatsächlich therapiert werden, und wie die idiopathische Lungenfibrose diagnostiziert wird. Außerdem soll die Studie die Lebensqualität der Patienten dokumentieren und Analysen zu Kostenaspekten ermöglichen.
So erlaubt das INSIGHTS-IPF Register wichtige Einblicke in die Versorgungsrealität von IPF-Patienten in Deutschland, einschließlich wichtiger wirtschaftlicher Aspekte.
Neben dem deutschen IPF-Register, gibt es auch ein Register auf europäischer Ebene, das Euopean IPF Registry, kurz eurIPFreg.
Hauptmerkmal fibrosierender Lungenerkrankungen ist eine übermäßige Produktion von Bindegewebe und damit eine Zerstörung der normalen Lungenarchitektur. Normalerweise wird das Stützgewebe der Lungenbläschen von speziellen Zellen, den sogenannten Fibroblasten gebildet. Diese sind bei Lungenfibrose-Patienten jedoch so verändert, dass die Struktur des Bindegewebes geschädigt wird.
Ein Forschungsansatz, der seit einigen Jahren intensiv verfolgt wird, zielt auf die Beeinflussung des sogenannten Wnt-Signalwegs ab. Dieser zelluläre Regulationsmechanismus spielt unter anderem bei der embryonalen Lungenentwicklung eine Rolle. Forschende haben entdeckt, dass der Mechanismus auch bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) aktiv ist. Verschiedene Bestandteile des Wnt-Signalwegs stehen daher besonders im Fokus der aktuellen Forschung zu idiopathischer Lungenfibrose.
Anfang 2016 wurde beispielsweise ein spezifischer Rezeptor des Wnt-Signalwegs als therapeutischen Angriffspunkt für die idiopathische Lungenfibrose entdeckt: Der Rezeptor Frizzled-8 (FZD8). Dieser spielt im Wnt-Signalweg eine wichtige Rolle: Wird FZD8 aktiviert, führt dies zu Veränderungen von zellulären Signalwegen, die bei der Ausbildung von fibrotischen Erkrankungen und möglicherweise auch anderen chronischen Lungenerkrankungen eine Rolle spielen. Durch diese Veränderungen werden Fibroblasten aktiviert, und es kommt zum Umbau des Lungengewebes.
In den Fokus der Lungenfibrose-Forschung ist auch das Signalmolekül WNT-5A gerückt. Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass es dafür verantwortlich ist, die Vermehrung von Bindegewebszellen in der Lunge anzuregen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie fand ein Wissenschaftsteam heraus, dass bei Betroffenen mit IPF vermehrt extrazelluläre Vesikel auftreten, die WNT-5A transportieren. Bei Vesikeln handelt es sich um kleine Bläschen, die von Zellen freigesetzt werden und eine Vielzahl an Botenstoffen beinhalten können. Sie sind ein wichtiges Kommunikationsmittel zwischen Zellen und Organen und können dazu beitragen, dass Stoffe an andere Wirkungsorte im Körper gelangen.
Weiterführende Analysen in Zellkultur ergaben, dass die für Lungenfibrose typische Vernarbung des Gewebes zurückgeht, wenn weniger Vesikel vorhanden sind. In präklinischen Studien soll daher geprüft werden, ob sich die extrazellulären Vesikel als Biomarker oder auch für einen möglichen Behandlungsansatz für idiopathische Lungenfibrose eignen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim sind Ende 2017 einem weiteren Molekül auf die Spur gekommen, das bei der Entstehung von idiopathischer Lungenfibrose eine Rolle spielen könnte. Dem Transkriptionsfaktor FoxO3, kurz für Forkhead-Box-Protein O3.
Im Zentrum ihrer Untersuchungen standen die Fibroblasten. Jene Bindegewebszellen, die normalerweise das Stützgewebe der Lungenbläschen bilden. Beim Vergleich von Fibroblasten von Gesunden mit denen von IPF-Patienten, stellten die Forschenden fest, dass FoxO3 in den Zellen der IPF-Betroffenen sehr viel weniger aktiv war, als in den Kontrollproben. Auch im Tiermodell bestätigten sich diese Ergebnisse. Zudem konnten sie im Modell FoxO3 durch die Substanz UNC-01 wieder aktivieren, woraufhin sich die Lungenfibrose-Symptome zurückbildeten. Nach Angabe der Forschenden könnte FoxO3 daher auch ein guter Anknüpfpunkt für neue Therapieansätze bei Lungenfibrose sein.
Ein weiterer wichtiger Baustein in der Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose ist die effektive Anwendung der Medikamente. Auch auf diesem Gebiet wird intensiv geforscht. Spezialisten für Inhalations-Therapien arbeiten in engem Kontakt mit den Grundlagenforschern. Ihr Ziel: Der Wirkstoff soll in hoher Konzentration in die Lunge gelangen, während der übrige Körper möglichst wenig belastet wird. Bei einer Behandlung mit Antikörpern wäre das besonders wichtig.
Die Lunge verfügt über eine Reihe von Fähigkeiten zur Geweberegeneration. Sie werden eingesetzt, um durch Umwelteinflüsse geschädigte Zellen zu ersetzen. Forschende haben beispielsweise die Proteinzusammensetzung des Lungengewebes in den verschiedenen Phasen der Geweberegeneration ermittelt. Dies trägt wesentlich auch dazu bei, die Krankheitsmechanismen bei Lungenfibrose besser zu verstehen.
Einfluss auf die Regeneration von Geweben hat auch die Zellalterung, oder Seneszenz. In Untersuchungen im Versuchsmodell und von Gewebsproben von IPF-Patienten konnten Forschende zeigen, dass Zellen im Alveolarepithel Marker für eine Seneszenz aufweisen. Diese Marker beeinflussen die Lungenfibrose gleich doppelt, denn zum einen verhindern sie die Teilung von Lungenzellen, wenn diese ersetzt werden müssen. Zum anderen scheiden seneszente Zellen Botenstoffe aus, die die Fibrose weiter vorantreiben. So kann die Zellalterung im Alveolarepithel also scheinbar zur Entstehung und Verschlechterung einer IPF beitragen. Auch diese neue Erkenntnis könnte ein möglicher Startpunkt für die Entwicklung neuer Therapien für Lungenfibrose sein.
Auch Umwelteinflüsse können simuliert und daraus "multi-faktorielle Modelle" entwickelt werden. Im Fall der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) ist denkbar, dass Epithelzellen stimuliert werden und zusätzlich die Wirkung verschiedener Umweltstäube auf den Verlauf der Lungenfibrose getestet wird. So ließe sich die komplizierte Situation beim Menschen, der Einflüssen von Genen, Lebensstil oder auch seines Arbeitsplatzes ausgesetzt ist, besser nachvollziehen.
Aktuelle Forschung zum Thema
Quellen: |
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Antje Prasse, Medizinische Hochschule Hannover
Die hier aufgeführten Leitlinien und Aufsätze richten sich, so nicht ausdrücklich anders vermerkt, an Fachkreise. Ein Teil der hier angegebenen Aufsätze ist in englischer Sprache verfasst. |
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Letzte Aktualisierung: |
28.08.2018 |