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Nanopartikel als Verstärker für Grippeimpfstoff

Nanopartikel als Trägersubstanzen für künftige inhalierbare Grippeimpfstoffe sind in der Lage, diese in ihrer Wirkung zu verstärken. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) unter Federführung von Prof. Armin Braun vom Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin. Die Ergebnisse sind aktuell in dem angesehenen Wissenschaftsmagazin PLOS ONE veröffentlicht.

 

Grippeviren führen Jahr für Jahr zu schweren Infektionswellen mit hohen Erkrankungsraten und häufig vielen Todesopfern. Daher ist der Bedarf groß für einen effektiven Impfstoff, der sich noch dazu möglichst rasch und in großen Mengen produzieren lässt. Denn Grippeviren verändern sich innerhalb kürzester Zeit, die Impfstoffe müssen demnach kurzfristig immer wieder angepasst werden. Effizienter als die bisherige Impfung per Injektion in den Muskel wäre es  zudem, wenn der Impfstoff seine Schutzwirkung direkt am Einsatzort, also in der Lunge entfalten könnte. Dafür bedarf es aber eines Transportmediums, da die instabilen Grippeimpfstoffe dies alleine nicht bewerkstelligen können.

Das Team um  Prof. Armin Braun beschritt in der Impfstoffentwicklung und –testung jetzt neue Wege: Die DZL-Wissenschaftler koppelten für ihren neuen Impfstoff ein H1N1-Grippevirenprotein mit silikathaltigen Nanopartikeln und brachten diese Kombination direkt an den Einsatzort Lunge und untersuchten, ob dort eine Immunantwort hervorgerufen wird. Dafür bedienten sie sich eines neuen in-vitro-Testsystems aus menschlichem Lungengewebe, dem sogenannten Verfahren der Präzisionslungenschnitte (PCLS). Neu an dem erstmals eingesetzten Impfstoff ist auch seine Herkunft. Anders als die herkömmlichen Wirkstoffe erfolgt die Virusvermehrung nicht auf bebrüteten Hühnereiern sondern auf Tabakpflanzen. Eine rasche Vermehrung in großem Stil wäre also gewährleistet.

Das Ergebnis: Der neue Impfstoff rief im PCLS eine deutliche Immunantwort hervor. Dabei haben die Nanopartikel mehrere Funktionen: sie stabilisieren den Wirkstoff, sie verbessern seine Vernebelbarkeit und sie verstärken seine Wirkung. Diese adjuvante, also die Immunantwort steigernde Funktion konnte in der vorliegenden Studie an humanem Lungenmaterial gezeigt werden.

Von silikathaltigen Nanopartikeln ist bekannt, dass sie in größeren Dosen und über längere Zeit verabreicht negative gesundheitliche Wirkungen haben können. Bei den in der Studie verwendeten niedrigen Konzentrationen zeigten sich allerdings keinerlei unerwünschte Nebenwirkungen.

Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler am Tiermodell untersuchen, ob die erzeugte Immunantwort auch eine echte Schutzwirkung gegen die Grippeviren ausübt. Auch wenn der Weg zur Impfstoffproduktion sicher noch ein weiter ist, scheint den Wissenschaftlern dennoch ein wichtiger Schritt hin zu einem inhalierbaren Grippeimpfstoff gelungen zu sein.

Quelle:
Neuhaus, V et al: Functional Testing of an Inhalable Nanoparticle Based Influenza Vaccine Using a Human Precision Cut Lung Slice Technique. PLoS ONE 2013, 8(8): e71728. doi:10.1371/journal.pone.0071728