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„Lunge-auf-Chip“ zur Erforschung von Lungenerkrankungen

Schweizer Forschende haben eine neue „Lunge auf Chip“ entwickelt. Das Lungenmodell, mit lebensgroßen Lungenbläschen in einer biologischen, dehnbaren Membran soll das menschliche Lungengewebe noch lebensnäher als bisherige Modelle nachbilden und damit neue Möglichkeiten für die Grundlagenforschung, die klinische Erforschung von Lungenerkrankungen und das Testen von Medikamenten eröffnen.

Mehrere hundert Millionen Lungenbläschen (Alveolen) sind in der Lunge für den Gasaustausch zwischen Blut und Luft zuständig. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Sauerstoffversorgung aller Organe. Aus verschiedensten Gründen sind Lungenbläschen in sogenannten in-vitro-Modellen, also in Modellen außerhalb des Körpers, nur schwer nachzubauen.

Ein Forschungsteam der Universität Bern beschäftigt sich seit langem mit der Entwicklung solcher hochspezialisierter In-vitro-Modelle, den sogenannten Organs-on-Chip. Es hat nun in der Fachzeitschrift Communications Biology ein weiterentwickeltes Modell eines „Lunge-auf-Chip-Systems“ vorgestellt. Das neue Modell besteht aus rein biologischen Bestandteilen und reproduziert eine Ansammlung von Lungenbläschen, die mit je 250 Mikrometer Durchmesser etwa lebensgroß sind.

Grundlage des Systems bildet eine dünne dehnbare Membran auch Kollagen und Elastin – zwei Molekülen, die natürlicherweise in der Lunge vorkommen. Nach Aussage der Forschenden ist die Membran stabil, kann wochenlang beidseitig kultiviert werden und ist biologisch abbaubar. Durch ihre Elastizität können zudem Atembewegungen durch mechanisches Dehnen der Zellen simuliert werden. Mit der neuen Membran könne das System jetzt auch wichtige Aspekte der sogenannten extrazellulären Matrix der Lunge – also dem Gewebeanteil, der zwischen den Zellen liegt – nachbilden, so die Forschenden. Dies sei eine wichtige Weiterentwicklung zur ersten Generation ihres Lunge-auf-Chip-Systems.

Gesunde und krankhafte Vorgänge in den Lungenbläschen genauer untersuchen

Im Labor kann die Membran des Systems mit gesunden, aber auch mit erkrankten Lungenbläschen-Zellen besiedelt werden, die von Menschen gewonnen werden. Somit können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur die gesunden Vorgänge in den Zellen erforschen. Das System könnte potentiell auch dafür genutzt werden, verschiedene Wirkstoffe zu testen oder zu prüfen, welche Therapie einem Patienten oder einer Patientin am besten helfen kann. Ein weiterer Vorteil der neuen Lunge-auf-Chip sei ihr Potenzial, Lungenforschung an Tiermodellen zu reduzieren, so die Hoffnung der Studienautorinnen und -autoren.

Nächstes Ziel ist es nun, das System noch weiter zu entwickeln und damit eine Lunge mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) nachzubilden, um die Krankheitsvorgänge eingehender zu untersuchen. IPF ist eine chronische, bislang nicht heilbare Lungenerkrankung, die zu einer fortschreitenden Vernarbung des Lungengewebes führt.

Quellen:

  • Zamprogno, P. et al.: Second-generation lung-on-a-chip with an array of stretchable alveoli made with a biological membrane. In: Communications Biology. Online publiziert am 05.02.2021 
  • Universität Bern: Berner Forschende bauen hochentwickelte «Lunge auf Chip». Medienmitteilung vom 08.02.2021