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Erbgut von Lungenkrebs erfolgreich entschlüsselt

Zusammen mit Kollegen aus Berlin und Nürnberg konnten Kölner Wissenschaftler kürzlich genetische Veränderungen in zwei Untergruppen von Tumoren der Lunge entdecken. Im Rahmen der weltweit ersten Studie ihrer Art wurde das komplette Erbgut von 110 Lungentumoren entschlüsselt und neue Gen-Kandidaten als mögliche therapeutische Ziele identifiziert. Die Ergebnisse wurden in zwei Publikationen im Wissenschaftsmagazin ‚Nature‘ veröffentlicht.

Die Experten für „Translationale Genomik“ der Universität zu Köln konzentrierten sich in den beiden aufeinander folgenden Studien auf zwei Arten von Tumoren: Zum einen untersuchten sie eine sehr aggressive Variante, den sogenannten kleinzelligen Lungenkrebs, der circa 15 Prozent aller Lungenkrebsdiagnosen ausmacht und ausschließlich bei langjährigen, starken Rauchern beobachtet wird. Zum anderen sequenzierten sie das Genom von sogenannten Karzinoiden der Lunge, die nur bei rund zwei Prozent der Betroffenen vorkommen, eher langsam wachsen und auch fast nie Metastasen ausbilden.

Die Ergebnisse des Teams um Prof. Dr. Roman Thomas zeigen, dass bei den beiden sehr unterschiedlichen Krebsarten auch ganz verschiedene Mechanismen zugrunde liegen. Besonders anschaulich wird das an zwei Genen, die bekannt dafür sind, das Zellwachstum zu kontrollieren und die in Tumoren oft durch Mutationen „ausgeschaltet“ werden. RB1 und TP53, das auch als Guardian of the Genome gilt, waren vor allem in den schnell wachsenden Tumoren des kleinzelligen Lungenkrebses mutiert. Im Gegensatz dazu waren bei den Karzinoiden ganz andere Gene betroffen. Diese würden laut den Forschern vor allem bei der Zugänglichkeit der DNA für nachgeschaltete molekulare Prozesse eine Rolle spielen.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass Karzinoide keine frühen Vorläufer anderer aggressiver Tumore wie dem kleinzelligen Lungenkrebs sind, sondern durch unabhängige zelluläre Mechanismen entstehen. „Daher ist unser weiteres wissenschaftliches Interesse ganz klar auf die Entstehung und Evolution der verschiedenen Untergruppen des Lungenkrebses ausgerichtet“, erläutert Co-Autor Dr. Martin Peifer.

Darüber hinaus wurden zahlreiche neue Gene entdeckt, deren biologische Funktionen noch weitgehend unklar sind. Auch auf sie wollen sich die Wissenschaftler künftig konzentrieren, um ihre Rolle bei der Entstehung von Krebs besser zu verstehen. „ Hierbei haben wir immer das Ziel, schnell eine individuelle Behandlung für die Patienten zu ermöglichen – auch im Sinne einer maßgeschneiderten Tumortherapie“, sagt Studienleiter Thomas. Erwartungen hinsichtlich baldiger Durchbrüche müssen die Krebs-Forscher allerdings dämpfen: „Wir stehen erst am Anfang und müssen noch viel grundlegende Arbeit leisten, bis wir die Funktion dieser Gene in dem Tumor wirklich verstehen.“

Quellen:
George et al.: Comprehensive genomic profiles of small cell lung cancer. In: Nature, published online July 2015, doi:10.1038/nature14664

Fernandez-Cuesta et al.: Frequent mutations in chromatin-remodelling genes in pulmonary carcinoids. In: Nature Communications, published online March 2014, doi:10.1038/ncomms4518

Informationsdienst Wissenschaft (idw): Erbgut von Lungenkrebs erfolgreich entschlüsselt. Pressemitteilung vom 13.07.2015

Weitere Informationen:
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