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Zellalterung in der Lunge

Wenn bestimmte Zellen in der Lunge altern, kann das möglicherweise zur Entstehung von Lungenfibrose beitragen. Zu diesem Ergebnis kommen deutsche Forscherinnen und Forscher, die den Prozess der Zellalterung, die sogenannte Seneszenz, im Lungengewebe untersucht haben. Im ‚European Respiratory Journal‘ berichten sie auch davon, dass sie die Seneszenz in Zellkultur mit bestimmten Wirkstoffen beeinflussen konnten.

Lungenfibrose ist eine Erkrankung, bei der sich im Lungengewebe der Betroffenen übermäßig viel Bindegewebe bildet. Man spricht auch von einer ‚Vernarbung der Lunge‘. Besonders oft ist das sogenannte Alveolarepithel, die Oberfläche der Lungenbläschen (Alveolen), betroffen. In der aktuellen Studie analysierte ein Forscherteam des Helmholtz Zentrums München in Zellkultur Zellen des Alveolarepithels von Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF), deren Ursache also unbekannt ist, sowie fibrotische Zellen von Mäusen.

Sowohl im Versuchsmodell als auch im menschlichen Gewebe konnte das Team nachweisen, dass manche Zellen des Epithels Marker für eine Seneszenz aufweisen, sich also in einer Art Wachstumsstillstand befinden. Die Seneszenz hat gleich mehrere Auswirkungen auf die Funktion der Lunge: Sie verhindert zum einen, dass sich Lungenzellen teilen, so können sie zum Beispiel nicht ersetzt werden, wenn dies nötig wäre. Zum anderen produzieren die seneszenten Zellen bestimmte Botenstoffe, die die Fibrose in der Lunge weiter vorantreiben.

Wirkstoffe bremsen Lungenfibrose in Zellkultur

Auch bei Krebserkrankungen spielt die Seneszenz eine Rolle und es gibt bereits Medikamente, die in diese Prozesse eingreifen. Sogenannte senolytische Wirkstoffe können Zellen, die sich in der Seneszenz befinden gezielt abtöten und so ein Umsichgreifen der Prozesse verhindern. Die Münchener Wissenschaftler testeten deshalb zwei dieser Medikamente an den Lungenfibrose-Zellen.  Dafür brachten sie Zellen von Mäusen auf eine dreidimensionale Zellkultur auf. So konnten sie den Effekt der Wirkstoffe sozusagen ex vivo, also außerhalb des Körpers untersuchen. Das Team beobachtete, dass die Menge an ausgeschütteten Botenstoffen durch die Medikamente zurückging. Außerdem sank auch die Masse an Bindegewebsproteinen, die bei einer Lungenfibrose normalerweise extrem erhöht ist.

Nach Aussage der Autoren, deuten ihre Ergebnisse darauf hin, dass Seneszenz in Zellen des Alveolarepithels zur Entstehung und Verschlechterung einer idiopathischen Lungenfibrose beitragen kann. Senolytische Wirkstoffe könnten zudem eine neue Behandlungsoption bei IPF sein. Das Team hofft deshalb, dass diese neuen Erkenntnisse zur Entwicklung weiterer Therapien beitragen können.

Was ist eine zelluläre Seneszenz?

Seneszenz beschreibt eine Art Alterungsprozess, in dem Zellen ihr Wachstum und die Zellteilung einstellen. Dieser Wachstumsstillstand kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. So gehen Zellen in die Seneszenz, wenn sie eine bestimmte Zahl von Zellteilungen erreicht haben, aber auch Schäden in der DNA, dem Träger der Erbinformation, können ein Auslöser sein. 

 

Quellen:

Lehmann, M. et al.: Senolytic drugs target alveolar epithelial cell function and attenuate experimental lung fibrosis ex vivo. In: European Respiratory Journal, online publiziert am 3. August 2017 DOI: 10.1183/13993003.02367-2016

Helmholtz Zentrum München: Zellalterung im Lungenepithel. Pressemitteilung vom 4.8.2017