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Tiere streicheln und frische Milch gegen Asthma

Dass Mikroben auf dem Bauernhof Kinder vor Asthma und Allergien schützen können, ist bekannt. Jetzt haben Schweizer Forscher und Forscherinnen herausgefunden, dass auch nicht-mikrobielle Moleküle scheinbar eine schützende Wirkung haben. Im ‚Journal of Allergy and Clinical Immunology‘ zeigen sie, dass Sialinsäure, die in Bauernhoftieren vorkommt, gegen Entzündungen des Lungengewebes wirkt.

Der Anteil an Menschen mit Asthma und Allergien steigt in den Industrieländern stetig an. Etwa eines von drei Kindern ist heute von einer Allergie betroffen. Die Ausnahme von dieser Regel: Kinder, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind. Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass die große Zahl und Vielfalt an Mikroben wie Bakterien, Viren und Pilzen Bauernkinder vor Asthma und Allergien schützt. Das Immunsystem der Kinder vom Bauernhof ‚lernt‘ schon in frühen Jahren, auf an sich harmlose Stoffe nicht zu reagieren.

'Bauernhof-Effekt' durch Kuh und Katze

In einer neuen Studie aus der Schweiz haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen jetzt gezeigt, dass nicht nur Mikroben einen schützenden Effekt vor Asthma haben, sondern auch die Bauernhof-Tiere. Genauer gesagt ein nicht-mikrobieller Stoff, eine Sialinsäure, die in Wirbeltieren, wie zum Beispiel Kuh und Katze verbreitet vorkommt, im menschlichen Organismus aber fehlt: die N-Glykolylneuraminsäure (Neu5Gc). Aufgrund einer genetischen Veränderung produzieren Menschen kein Neu5Gc, sie können die Sialinsäure aber aufnehmen und in ihre Proteine einbauen, wenn sie Kontakt mit Tieren haben oder tierische Lebensmittel essen.

Da Neu5Gc für den menschlichen Körper ‚fremd‘ ist, produziert er Antikörper gegen diesen Stoff, sobald er mit ihm in Kontakt kommt. Je mehr man also mit Neu5Gc in Kontakt ist, desto höher die Konzentration des Antikörpers im Blut. Diesen Zusammenhang haben die Autoren für ihre Studie genutzt und Blutproben von über tausend Kindern aus zwei EU-weiten epidemiologischen Studien (PARSIFAL- und PASTURE-Studie) ausgewertet. Zudem analysierten sie, wie die Konzentration mit Asthma-Erkrankungen der Kinder zusammenhängt.

Bessere Lungenfunktion und weniger Asthma-Symptome

Ihr Ergebnis: Bauernkinder wiesen viel mehr Antikörper gegen Neu5Gc im Blut auf – und Kinder mit mehr Antikörpern litten wesentlich seltener an Asthma. Die positive Wirkung von Neu5Gc auf die Atemwege konnten die Forscher auch im Tiermodell bestätigen: Nahmen die Tiere Neu5Gc-Moleküle über die Nahrung auf, verbesserte sich die Lungenfunktion und die Asthma-Symptome gingen zurück.

In Zellkultur von verschiedenen Zellen des Immunsystems untersuchten die Forscher außerdem, wie Neu5Gc auf das menschliche Immunsystem wirkt. Sie fanden heraus, dass die Sialinsäure eine antientzündliche Reaktion des Immunsystems anstößt. Nach Aussage der Autoren werden sogenannte regulatorische T-Zellen vermehrt gebildet. Diese T-Zellen dämpfen Fehlreaktionen des Immunsystems, wie sie bei Asthma oder Allergien auftreten, und wirken stark antientzündlich.

Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihre Forschungsergebnisse neue Möglichkeiten eröffnen, wie der schützende Effekt des Bauernhofs auf alle Kinder übertragen werden könnte. So könne womöglich ein wichtiger Grundstein für eine wirksame Allergie-Prävention gelegt werden.

Quellen:

Universität Zürich: Wie Katze und Kuh Bauernkinder vor Asthma schützen. Pressemitteilung vom 6.Juli 2017

Frei R. et al.: Exposure to non-microbial N-Glycolylneuraminic acid protects farmers’ children against airway inflammation and colitis. In: Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2017, online publiziert am 17. Juni