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Schnelltest unterscheidet Viren von Bakterien

Ein neu vorgestelltes Testverfahren soll binnen weniger Stunden zwischen einer bakteriellen und einer viralen Infektion unterscheiden. Vor allem Kinder sollen von der schnellen Diagnose profitieren, indem etwa Lungenentzündungen, Blutvergiftungen oder Meningitis rechtzeitig richtig behandelt werden. Gleichzeitig soll die Zahl von unnötig verschriebenen Antibiotika sinken und so Resistenzbildungen gestoppt werden

Werden Kinder mit Fieber im Krankenhaus eingeliefert, kann dies durch eine Infektion mit Bakterien oder aber mit Viren ausgelöst sein. Während die Ärzte Bakterien in der Regel mit Antibiotika behandeln, kommen gegen Viren andere Medikamente zum Einsatz. Klarheit über die Art des Erregers kann in schwierigen Fällen erst ein Wachstumstest (Bakterienkultur) bringen, der bis zu 48 Stunden dauern kann. Wertvolle Zeit, die für die passende Behandlung fehlt.
 
Ein vom Imperial College in London angeführtes Forscherteam hat nun im Journal ‚JAMA‘ eine Methode vorgestellt, die es anhand einer Blutprobe erlauben soll, innerhalb weniger Stunden zu unterscheiden, ob Bakterien oder Viren für das Fieber verantwortlich sind. Denn auf der einen Seite würden laut den Autoren teilweise schwere bakterielle Erkrankungen zu spät erkannt und nicht behandelt. Anders herum würden unklare Krankheitsbilder zu oft pauschal mit Antibiotika therapiert, was zu deren überhöhtem Einsatz führe und die Bildung von Resistenzen fördere.
 
Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler Blutproben von Kindern, die mit Fieber ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Insgesamt umfasst die Probandengruppe 240 Teilnehmer aus Großbritannien, den Niederlanden, Spanien und den USA. Das Durchschnittsalter der kleinen Patienten lag bei 19 Monaten. Mit einer als Microarray bekannten Methode untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in jeder Probe die Aktivität von circa 48.000 Genen und glichen die Ergebnisse mit den endgültigen mikrobiologischen Befunden ab. Dabei konnten sie zwei Gene identifizieren, die in 95-100 Prozent der Fälle von bakterieller Infektion besonders aktiv waren. Sie böten sich als diagnostischer Marker an, der innerhalb weniger Stunden zu bestimmen sei, so die Kernbotschaft der Studie.
 
Um die Wichtigkeit der Thematik zu unterstreichen, machten die Ärzte auch Angaben zur Behandlung der jeweiligen Gruppen: Während von den bakteriell infizierten Patienten knapp 70 Prozent intensiv-medizinisch betreut werden mussten, waren es bei den viral erkrankten nur etwa die Hälfte. In den Fällen, in denen die Fieberursache bei der Aufnahme im Krankenhaus unklar war, erhielten knapp 95 Prozent eine Antibiotikabehandlung. Nach Abschluss aller Untersuchungen konnte allerdings nicht einmal bei der Hälfte eine bakterielle Untersuchung nachgewiesen werden, was den unnötig hohen Einsatz von Antibiotika illustriere, so die Autoren. Nun stünden größere Studien an, um die Datenlage zu erhärten.
 
Die Grundidee ist nicht neu: erst im Januar 2016 hatte ein weiteres Team einen ähnlichen Ansatz für Atemwegsinfekte in ‚Science Translational Medicine‘ präsentiert – der Lungeninformationsdienst berichtete. Die hohe Dichte der positiven Studienergebnisse lässt hoffen, dass sich tatsächlich bald ein Schnelltest zur Infektionsursache in der Praxis etabliert.
 
Quellen:
Herberg, J. et al.: Diagnostic test accuracy of a 2-transcript host RNA signature for discriminating bacterial vs viral infection in febrile children. In: Journal of the American Medical Association (JAMA), 2016, 316(8):835-845. doi:10.1001/jama.2016.11236
 
Imperial College London: Potential new test for bacterial infections including meningitis and sepsis. Pressemitteilung vom 23. August 2016

Tsalik, EL. et al.: Host gene expression classifiers diagnose acute respiratory illness etiology. In: Science Translational Medicine, 2016, Vol. 8, Issue 322, pp. 322ra11, doi: 10.1126/scitranslmed.aad6873