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Beeinflussen Pollen die Zahl der Coronavirus-Infektionen?

Eine internationale Studie deutet darauf hin, dass die Infektionsraten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigen, wenn viele Pollen in der Luft fliegen. Ein Grund könnte nach Annahme der Autorinnen und Autoren sein, dass Pollen die Reaktion des Immunsystems beeinflussen.

Werden Körperzellen mit einem Virus infiziert, produzieren sie normalerweise bestimmte Signalproteine – sogenannte antivirale Interferone – die über weitere Mechanismen dabei helfen, die Viren zu bekämpfen. In einer vorangegangenen Studie hatten Forschende Hinweise darauf gefunden, dass diese Vorgänge durch Kontakt mit Extrakten aus Pollen beeinträchtigt werden und die Körperabwehr zum Beispiel gegen Rhinoviren oder das Respiratorische Syncytial-Virus (RSV) dadurch geschwächt wird. Ob Menschen an Allergien gegen Pollen leiden oder nicht, spielte dabei keine Rolle.

Auch das Coronavirus SARS-CoV-2 ist durch antivirale Interferone angreifbar. Mit einer großangelegten internationalen Studie wollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher nun herausfinden, ob es einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen der Pollenkonzentration in der Luft und den Infektionszahlen durch SARS-CoV-2 gibt. In 31 Ländern auf fünf verschiedenen Kontinenten sammelten sie dafür im letzten Jahr Pollendaten aus 130 Regionen. Diese werteten sie zusammen mit Wetter-Daten und den entsprechenden SARS-CoV-2-Infektionszahlen aus. In ihre Berechnung bezogen sie auch Informationen zur Besiedelungsdichte und zu den Effekten von Lockdowns mit ein.

Einfluss zeigt sich in Regionen ohne Lockdown-Regeln

Ihr Ergebnis: Galten an einem Ort keine Lockdown-Regelungen, stieg die Infektionsrate im Schnitt um vier Prozent an, wenn sich die Pollenkonzentration in der Luft um 100 Pollen pro Kubikmeter erhöhte. Gleichzeitig zeigt die Studie aber auch einen deutlichen Effekt des Lockdowns: In Gebieten mit Lockdown-Regeln halbierte sich die Zahl der Infektionen im Schnitt bei vergleichbarer Pollenkonzentration.

Die Erkenntnisse könnten neue Wege für die Prävention und Abmilderung von COVID-19 eröffnen, so die Hoffnung der Forschenden. Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf könnten zum Beispiel in den nächsten Monaten die Pollenflugvorhersagen im Blick behalten, um über hohe Pollenkonzentrationen informiert zu sein.

Die Autorinnen und Autoren weisen allerdings auch darauf hin, dass die Studie nur einen Zusammenhang zwischen der Pollenkonzentration und den Infektionszahlen zeigt. Eine direkte Kausalität, dass also die Pollen die eindeutige Ursache für Anstiege der Infektionszahlen seien, könne mit der Studie nicht nachgewiesen werden.

Mehr zu Allergenen und Mechanismen des Immunsystems erfahren Sie beim Allergieinformationsdienst des Helmholtz Zentrums München.

Quellen:

  • Damialis, A. et al.:  Higher airborne pollen concentrations correlated with increased SARS-CoV-2 infection rates, as evidenced from 31 countries across the globe. In: PNAS, online publiziert am 08.03.2021 
  • Technische Universität München: Erhöhte Pollenkonzentration geht mit erhöhten SARS-CoV-2-Infektionszahlen einher. Pressemeldung vom 08.03.2021 
  • Gilles, S. et al.: Pollen exposure weakens innate defense against respiratory viruses. In: Allergy, publiziert am 11.09.2019