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Atemwegsentzündungen: Zäher Schleim programmiert Immunzellen um

In einer Studie im Fachmagazin Nature Communications beschreiben Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), dass zäher Schleim in den Atemwegen die Funktion von bestimmten Immunzellen, den sogenannten Makrophagen, umprogrammieren und so Entzündungsreaktionen bei Mukoviszidose und der chronisch obstruktiver Lungenerkrankung COPD fördern kann.

Entzündungsreaktionen sind eigentlich ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses. Bei Menschen mit Mukoviszidose und COPD führen anhaltende Entzündungen jedoch zu einer fortschreitenden Zerstörung des Lungengewebes und verstärkten Infektionen. Die genauen Ursachen der dauerhaften Atemwegsentzündungen sind bislang allerdings weiterhin rätselhaft. So haben zum Beispiel selbst junge Kinder mit Mukoviszidose bereits chronisch entzündete Atemwege, selbst wenn keine Lungeninfektion mit Erregern nachgewiesen werden konnte. Die Autor:innen der aktuellen Studie fragten sich daher, ob vielleicht der zähe Schleim in den Atemwegen, der für Mukoviszidose und COPD typisch ist, die chronischen Entzündungen auslöst.

Epigenetische Veränderungen in Atemwegsmakrophagen

Um ihren Verdacht zu überprüfen, testeten sie im Tiermodell, inwieweit die Verstopfung der Atemwege mit zähem Schleim bestimmte Zellen des Immunsystems, die Makrophagen verändert. Makrophagen werden auch als „Fresszellen“ bezeichnet. Sie beseitigen zum Beispiel Bakterien, Viren oder abgestorbene Zellen und wirken so einer chronischen Entzündung entgegen. Bei den Tieren mit stark verschleimten Atemwegen zeigte sich überraschenderweise jedoch, dass die Atemwegsmakrophagen entzündungsfördernde Eigenschaften besitzen. Die Zellen erfüllten ihre Funktion als Fresszellen nicht mehr und produzierten entzündungsfördernde Botenstoffe. Diese Ergebnisse konnten die Forschenden durch weitere Experimente bestätigen, bei denen gesunde Makrophagen mit Schleim behandelt wurden. In Folge veränderten sich die Atemwegsmakrophagen in gleicher Weise, wie die Zellen im Tiermodell.

Um zu erklären, warum sich die Funktion der Makrophagen nach Kontakt mit dem zähen Schleim verändert, untersuchten die Forschenden das Erbgut der Immunzellen genauer. Dabei stellten sie fest, dass es in bestimmten Abschnitten der Makrophagen-DNA zu sogenannten epigenetische Veränderungen kommt, sodass Gene für entzündungsfördernde Botenstoffe vermehrt abgelesen werden.

Atemwegsmakrophagen als Ziel für neue Therapien?

Die starke Verschleimung der Atemwege scheint also durch Umprogrammierung der Atemwegsmakrophagen zur chronischen Entzündung der Atemwege beizutragen und damit auch zur Verschlimmerung der Symptome bei Mukoviszidose und COPD, schlussfolgern die Autor:innen. Damit würden ihre Ergebnisse zum einen die Bedeutung schleimlösender Therapien zur Behandlung beider Lungenerkrankungen unterstreichen. Zum anderen eröffnen sie neue Wege für die Forschung: Die veränderten Atemwegsmakrophagen könnten zukünftig als Angriffspunkt für die Entwicklung zielgerichteter Therapien für Mukoviszidose und COPD genutzt werden, so ihre Hoffnung.

Quellen:

  • Translational Lung Research Center Heidelberg (TLRC), Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung e.V. (DZL): Mukoviszidose & COPD: Zäher Schleim programmiert Immunzellen um und fördert Entzündungen der Atemwege. Pressemitteilung vom 11.11.2021 
  • Hey, J. et al.: Epigenetic reprogramming of airway macrophages promotes polarization and inflammation in muco-obstructive lung disease. In:  Nature Communications, 2021. DOI: 10.1038/s41467-021-26777-9