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Warum erkranken Nichtraucher an COPD?

COPD gilt als klassische Raucherkrankheit. Doch es erkranken auch Menschen an der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit, die nie geraucht haben. Amerikanische Forschende sind jetzt einem möglichen Grund hierfür auf die Spur gekommen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im amerikanischen Ärzteblatt JAMA.

Die Größe der Atemwege könnte laut der Studie das Risiko an COPD zu erkranken beeinflussen – noch genauer die Größe der Atemwege im Vergleich zur gesamten Lunge, die sogenannte Dysanapsis. Frühere Forschungsarbeiten lieferten bereits Hinweise darauf, dass einige ältere Menschen mit COPD schon früh im Leben eine niedrige Lungenfunktion aufwiesen. In der aktuellen Studie wollten die Forschenden herauszufinden, ob kleine Atemwege eine Ursache dafür sein könnten, dass Menschen, die nicht geraucht haben an COPD erkranken.

Hierfür werteten sie die Ergebnisse von drei großen Studien aus, die rauchende und nichtrauchende Personen mit und ohne COPD aufnahmen. Insgesamt kamen so die medizinischen Daten von über 6.500 älteren Menschen zusammen. Das Durchschnittsalter lag in den drei Studien bei 69, 67 bzw. 63 Jahren.In jeder Studie wurde die Dysanapsis mit Hilfe von Computertomographie-Scans (CT) der Lungen untersucht.

Lungenentwicklung könnte das spätere COPD-Risiko beeinflussen

Es zeigte sich, dass Personen mit kleineren Atemwegen im Verhältnis zur Lungengröße ein höheres Risiko hatten an COPD zu erkranken, als Teilnehmende mit größeren Atemwegen. Dieser Zusammenhang blieb selbst dann bestehen, wenn übliche COPD-Risikofaktoren wie Rauchen, Schadstoffe und Asthma berücksichtigt wurden. Anschließend konzentrierten sich die Forschenden auf Personen, die nie geraucht hatten und auf starke Raucherinnen und Raucher. Das Ergebnis: Nichtraucher mit COPD hatten im Verhältnis zur Größe der Lunge viel kleinere Atemwege, während starke Raucher, die keine COPD hatten, größere Atemwege hatten.

Eine anormale Lungenentwicklung könnte somit das COPD-Risiko beeinflussen, schlussfolgern die Autoren. Kleine Atemwege im Verhältnis zur Lungengröße könnten erklären, warum COPD auch bei Menschen auftritt, die nie geraucht haben. Und die Ergebnisse könnten umgekehrt erklären, warum einige lebenslange starke Raucher keine COPD entwickeln. Menschen mit größeren Atemwegen im Verhältnis zur Lungengröße seien möglicherweise in der Lage, Lungenschäden durch das Rauchen eher zu „verkraften“, so die Forschenden. Um die genauen Zusammenhänge zu verstehen und um mögliche Behandlungsansätze zu entwickeln, seien jetzt weitere Forschungsarbeiten erforderlich.

Was ist Dysanapsis?

Wenn Menschen atmen, transportieren sie Luft durch ihre Atemwege, beginnend mit der Luftröhre, die sich zu den kleineren Atemwegen, den Bronchien und Bronchiolen, verzweigt. Man geht davon aus, dass sich die Atemwege mit dem Wachstum der Menschen proportional zu den Lungen entwickeln. Aus noch ungeklärten Gründen entwickeln sich die Atemwege bei einigen Menschen jedoch kleiner oder größer als beim Durchschnitt – dies wird in der Medizin auch als Dysanapsis bezeichnet.

Quellen:

National Heart, Lung and Blood Institute: Lung development may explain why some non-smokers get COPD and some heavy smokers do not. Pressemeldung vom 9. Juni 2020  

Smith, B. et al.: Association of Dysanapsis With Chronic Obstructive Pulmonary Disease Among Older Adults. JAMA. 2020;323(22):2268-2280. doi:10.1001/jama.2020.6918